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Es werden Posts vom September, 2019 angezeigt.

Die erste Nacht

Die erste Nacht, wir haben gut geschlafen. Vor dem Einschlafen hatte ich noch eine Nachricht an den herzvollen Vater geschrieben. Ihm eine Gute Nacht gewünscht. Es war irgendwie merkwürdig, dass er nicht hier war. Hat gefehlt, irgendwie. Morgens wachen wir auf, sehr früh, und doch weiß ich gleich, es ist besser heute. Heute geht es besser, wenigstens ein bißchen. Es gibt Kaffee und Kakao in der Küche, danach räumen wir weiter Kartons aus. Um kurz nach 8 Uhr gehen das herrliche Kind und ich in das Gärtchen mit den Schaukeln, der Sandkiste und der Rutsche in unserem Hof. Deponieren seine Bagger dort. Dann packe ich ihn ins Auto und meine Schwester und ich laden Berge von leeren Kartons und den Sperrmüll ein, holen den herzvollen Vater ab und fahren zum Werkstoffhof. Das Kind ist bestens gelaunt. So viel zu sehen. Alle zusammen. Wir fahren noch einmal zur alten Wohnung, räumen den Dachboden aus, fahren wieder zum Werkstoffhof und schmeißen fast alles weg. Geschafft. Diese Wohn

Wir liegen

Wir liegen. Alle. Meine Schwester im Bett und im Zimmer vom herrlichen Kind, das Kind und ich in meinem riesengroßen Bett nebenan. Das Bett steht vor dem Fenster, dem wirklich großen Fenster in den Hinterhof vom Hinterhof. Da steht ein Baum und bewegt sich sacht. Es ist ganz still. Bullerbü. Dieser Hof in dem wir jetzt leben ist Bullerbü. Es war sehr, sehr schrecklich heute und gleichzeitig haben wir es einfach gemacht. Vitali und seine Truppe haben es einfach gemacht. Der herzvolle Vater und einer unserer Nachbarn haben gemacht. Den Tag durchgewurschtelt. Überstanden. Im Grunde dann auch wieder nur ein Sonntag, eben ein schrecklicher. Das herrliche Kind ist sehr durcheinander. Hatte zwei schlimme Weinkrämpfe. Heute kein Rhythmus, weder beim Essen noch beim Schlafen und sonst schon gar nicht. Wir waren auch nicht draußen. Nichts ist wie bisher. Überhaupt gar nichts. Das Chaos hier ist unbeschreiblich. Wirklich. Es ist eine absolute Katastrophe. Überall, in jedem Zimmer

Um halb 6 Uhr morgens stehen wir auf

Um halb 6 Uhr morgens stehen wir auf, das herrliche Kind und ich verziehen uns in die eine Ecke der Wohnung, die noch gemütlich ist. Vor dem mittlerweile leeren Bücherregal, zwischen Heizung und Schreibtisch. Meine Yogamatte liegt dort auf dem Boden. Wir hören Hörbuch, kuscheln uns unter eine Decke, trinken Kaffee und Kakao. Der letzte Tag heute. Tag 1 im Countdown. Beginnen wir gemütlich. Danach koche ich, Kaiserschmarrn und Maultaschen, das heutige Essen. Um das ganze restliche Geschirr weg packen zu können. Mache noch mehr Kaffee. Zwischen 9 und 10 Uhr kommen drei Kollegen aus meinem neuen Team um zu helfen. Ich arbeite erst seit 2 Monaten mit ihnen. Kenne sie erst seit 2 Monaten. Sie kommen und helfen heute, einfach so. Ich bewahre das in mir. Das Getragen-Sein. Für jetzt. Für später. Um dann auch wieder so eine Freundin zu sein, so eine Kollegin. Und bewahre das für das herrliche Kind. Das heute nicht nur den totalen Abriss, Kahlschlag, das absolute Chaos erlebt, sonde

Aufstehen um 5.00 Uhr

Aufstehen um 5.00 Uhr. Aufräumen, irgendwie. Sauber machen. Frühstück machen. Die Spielküche vom schwedischen Möbelhaus abmontieren, putzen. Die kriegt die Kita. Kein Platz mehr für die kleine Küche in der neuen Wohnung und zu wenig bespielt, um Platz zu schaffen. Dann Kind wickeln, anziehen, Zähne putzen. Zur Kita mit Kind und Küche unter dem Arm. Dann schnell zurück zur Abnahme unserer Wohnung. Mit dem Techniker und der Nachmieterin. Ich spiele mit ihrem Baby, kann dem Gerede des Technikers nicht zuhören. Sie dreht die Runde durch unsere Wohnung. Unsere ehemalige Wohnung. Ich habe das Baby auf dem Arm.  Der Termin läuft ab, an mir vorbei. Danach radel ich zur neuen Wohnung. Schnell. Der Herd und der Kühlschrank werden geliefert. Meine beiden Freundinnen und Kolleginnen sind da. Beide. Warten im Hinterhof. Eine borgt mir ihr Auto und organisiert mir ihre Putzfrau für Montag. Die andere bringt mir eine wunderschöne rosa Topfpflanze. Und Kaffee. Und geht mit mir einkau

Noch 2 Tage

Im Kindergarten hat jetzt jedes Kind einen kleinen Koffer, so groß wie ein Handarbeitskoffer, in dem kleine Spielsachen, Fotos, Steine und so sowas alles mitgebracht werden können. Wir haben den Koffer mit Pickerl beklebt von Feuerwehrautos, Polizeimotorrädern, Pferden, haben ihn zusammen bemalt. Wild und bunt und kreuz und quer sieht er aus. Mit dem Koffer in der Hand geht das herrliche Kind gestern und heute in seine Gruppe, um zu zeigen, was wir vorher zu Hause rein gelegt haben. Es funktioniert. Keine Tränen. Zumindest nicht gestern und nicht heute. Auch bei mir heute keine Tränen. Ich arbeite, ungeduldig, mit den Gedanken beim Umzug. Verschiebe den letzten Termin, kann mich nicht mehr konzentrieren. Kann kaum noch sitzen. Und dann. Geht es los. Ab jetzt ist meine einzige Aufgabe, den Umzug zu meistern. Heute habe ich 3 Stunden Zeit. Also los. Ich hole mir ein Auto vom Car Sharing, fahre nach Hause und lade 5 Kisten mit Spielsachen ein. Dann fahre ich zum Baumarkt und hole

Grenzlicht

Der herzvolle Vater sagt beim Abendessen gestern, die Stehlampe da nehme ich mit, oder nicht? Und ich hebe den Kopf. Fletsche die Zähne innerlich und habe es von einer Sekunde auf die andere satt, habe genug davon, bin nicht länger bereit zu geben, zu ermöglichen, zu spendieren. Das Fass läuft über. Und diesmal weiß ich sicher, das ist ein Fass in mir, verdammt nochmal ein sehr großes, aber jetzt ist es genug. Ich antworte, nein, die gehört mir. Sage. Nur das. Möchte ihn in Stücke reißen. Und er sieht es mir an, hört es mir an, rudert zurück. Aber in mir läuft das Fass weiter über, hört nicht auf damit, auch als ich schon längst bade mit dem Kind, Zähne putzen mit dem Kind, Fläschchen koche für das Kind. Ich habe so genug davon zu geben, zu geben, zu geben. Ich schwöre, ich reiße ihn in Stücke, wenn er noch einen einzigen Kochlöffel zu viel, ein Buch das nicht ihm gehört, an sich nimmt. Von mir nimmt. Mir weg nimmt. Mit dieser Selbstverständlichkeit. Mit dieser Haltung inner

Eine Freundin erzählt mir

Eine Freundin erzählt mir heute, dass sie schwanger ist. Das 2. Kind. Wir waren beinahe gleichzeitig schwanger, damals. Wir haben uns ausgemacht, kurz nachdem unsere Kinder geboren waren, möglichst zusammen in "die zweite Runde" zu gehen. Wollten beide zwei Kinder. Eigentlich. Ich freue mich für sie. Könnte gleichzeitig weinen. Für ein paar Augenblicke bestehe ich nur aus " ich will auch, ich will auch". Sie erzählt, dass sie sich Gedanken macht, wie nun alles werden wird. Ob sie dem ersten Kind, dem Job, der Beziehung gerecht werden kann mit einem zweiten Baby. Sagt, sie merkt wie abhängig sie ist von ihrem Partner, jetzt schon, jetzt erst recht. Sagt, wieder raus aus dem Job ist auch nicht einfach. Ich bin erstaunt und gar nicht erstaunt, das zu hören. Auf dem Nachhauseweg denke ich darüber nach. Will ich wirklich noch ein Kind oder wollte ich noch ein Kind unter anderen Vorraussetzungen? Also, ist das Thema ein weiterer Berührungspunkt mit der Trennung,

Heute ist es besser

Heute ist es besser. Die Stimmung. Der herzvolle Vater hat einen guten Tag im Job. Kann sich auffangen. Zusammen holen wir das herrliche Kind von der Kita ab, gehen einkaufen. Planen die nächsten Tage, was noch zu tun ist. Haben heute beide die Hoffnung, dass es so schlimm nicht wird, bewältigbar sein kann. Nächste Woche muss ich wieder zur Bank. Die zweite Hälfte der Finanzierung organisieren. Die Finanzierung bis Sommer 2020. Umzug bewältigen. Finanzierung bewältigen. Zu Mittag habe ich mit meinen beiden langjährigen Freundinnen und Kolleginnen aus dem Haus gegessen. In der Sonne, einfach auf der Wiese. Haben wir fast drei Wochen nicht geschafft, obwohl wir nun alle in der Ambulanz, über den Flur, quasi miteinander arbeiten. Heute haben wir es geschafft. Sitzen zusammen. Tauschen uns aus. Haben schon viel durch zusammen. Hier sind sie mit meine ältesten Freundinnen. Sprechen den Umzugstag durch. Sie sagen, das herrliche Kind und sein Mittagsschlaf gehen vor. Natürlich

Chaos

Draußen Herbst Sonntag. Beinahe kitschig, so schön. Drinnen Chaos. Nicht so wie in Meg-Ryan-90er-Jahre-Schnulzen, in denen frau sich in Latzhosen mit niedlicher Staubspur auf der Stirn in komischer Verzweiflung selbst findet, zwischen nostalgischen Postkarten und Bücherkisten. Sondern Chaos im Sinne von Staub in den Augen des herrlichen Kindes, Unordnung in jedem Raum, Geruch nach Kartons. Staub, Unordnung, Zeugs. Der herzvolle Vater redet nicht mit mir. Kurz darauf ist er sehr verzweifelt, sagt, sein Leben ist ein Alptraum. Er sei der einzige, der nun alleine leben müsse. Ich versuche mit ihm zu sprechen. Er geht einfach weg. Hört mir nicht zu. Will es nicht, kann es nicht. Fühlt sich alleine gelassen. Kann keine Verantwortung übernehmen heute für unsere Situation. Er tut mir leid. Ich fühle mich schuldig. Und auch, so einfach ist das nicht. Ich höre diesen Wunsch, diesen Anspruch nach Versorgung, danach nie mehr alleine zu sein. Durch die Beziehung. Durch mich. Es geht ni

Ein Samstag im Herbst

Ein Herbst-Samstag, wieder Bilderbuch. 20°C, sonnig, bunte Blätter, blauer Himmel, goldenes Licht und Luft so angenehm frisch, wie Schlagobers aus dem Kühlschrank. Draußen. Drinnen versinken wir heute im Chaos. Die Nacht anstrengend, 2stündlich war das herrliche Kind wach, hat geraunzt, war unruhig. Ich habe keine Ahnung warum. Frage mich irgendwann, ob es der Umzug sein könnte. Beschließe im selben Moment, das nicht zu tun. Ich werde nicht von jetzt an jede Unregelmäßigkeit bezüglich Schlaf, Appetit oder Stimmung auf mögliche Zusammenhänge mit dem Umzug untersuchen. Oder unserer Familiensituation. Werde das gar nicht anfangen. Unsere Familie ist so, wie sie ist. Zwei Wohnungen, ein Zuhause. Mama und Papa sind kein Paar, aber Familie. Das große Kind gehört auch dazu. Genau so wie die restliche Familie in Österreich, Deutschland, Belgien. Räumliche Trennung ist kein Hinweis auf fehlenden Zusammenhalt. Und das herrliche Kind ist umgeben von Menschen, die es lieben. Es ist gut so

Aufstehen um 5.50 Uhr

Aufstehen um 5.50 Uhr. Meine Nase läuft. Ich habe verschwollene Augen. Kann die Kontaktlinsen nicht einsetzen. Brillen-Tag. Wenn ich die Brille draußen trage, bin ich gar nicht da. Bin ich sozusagen unsichtbar. Sie ist sehr groß, die Brille, fast groß genug, um den ganzen Körper dahinter zu verstecken, eine Ganzkörper Brille quasi. Ich verstecke mich hinter der Brille, wenn ich sie tagsüber trage, draußen trage. Laufe heimlich hinter ihr her und bin eigentlich gar nicht da. Weil eigentlich. Ist das meine "der Tag ist geschafft, es ist Abend, ich bin privat und schon fast im Bett"-Brille. Mein ganzes Ich bleibt fast im Bett, wenn ich tagsüber die Brille trage. Heute also. Wollte ich gerne mit meinem herrlichen Kind zu Hause bleiben. Wurschtelkram machen. Packen. In gemütlichen, schlampigen Klamotten. Ohne Kontakt zur Welt. Ich wollte heute lieber nicht Ärztin sein. Schon gar nicht Therapeutin. Lieber zu Hause sein. Nur Ich sein. Nur die Mama sein. Und es wird nicht

Noch 10 Tage

Noch 10 Tage bis zum Umzug. Ich bin gelassen heute. Entweder weil ich mir das heute doch zutraue oder weil ich mich so wahnsinnig viel gefürchtet habe in den letzten 3 Jahren und angestrengt und gesorgt, dass Furcht und Anstrengung und Sorge aufgebraucht sind und ich damit jetzt durch bin. Vielleicht sogar für immer. Oder. Wenigstens heute. Na, wie auch immer. Heute bin ich gelassen, schon beim Aufwachen. Das herrliche Kind jammert ab ca. 5 Uhr morgens "Bauch Aua" und ich massiere verschlafen seinen Bauch. Das Kind pupst unvorstellbar laut in Relation zu seinem kleinen Körper, wir dösen noch eine Stunde. Dann beschließt das Kind, jetzt ist Tag. Und es ist in Ordnung. Es gibt Kaffee. Der Morgen ist unkompliziert. Beim Abgeben in der Kita nehme ich ihn nochmal hoch, schau ihm fest in die Augen und sage, "heute ohne Tränen; heute versuchen wir es ohne Tränen" - und es klappt. Ohne zu Weinen. Wechselt er den Arm. Ich fühle mich sehr souverän und so leicht innerl

Morgens scheint die Sonne

Morgens scheint die Sonne, ein Herbsttag wie aus dem Bilderbuch. Ich wache müde auf, körpermüde, habe Kreislauf und Hormone. Das herrliche Kind ist auch müde und übellaunig. Gestern und vorgestern Nacht hat das Kind zwischen 1 und 2 Uhr morgens beinahe eine Stunde nicht geschlafen, hat geraunzt, war unruhig. Hat ein bißchen geweint. Halbwach. Hat mich ganz wach gehalten. Diese Nächte. Die sind gerade zu viel verlangt. Ich mache heute alles langsamer. Schnell ist heute zu viel verlangt. Gehe zu Mittag zur Selbsterfahrung. Fühle mich schon die ganze Woche und heute besonders so neben mir, mit einem Bein außerhalb. Hänge zwischen halben Gedanken und vielen Erinnerungen. Dieser Umzug. Erinnert mich. Wie jeder Umzug. An das blaue Haus, unser altes Haus. Aus dem wir ausgezogen sind, als ich 10 Jahre alt war. Überraschend ausgezogen sind. Ohne Vorwarnung. Jeder Umzug seither fühlt sich ähnlich an. Nach "hier kann ich nicht bleiben". Als ob. Ich seither nur noch vorüb

Ich bin heute einfach nur dankbar

Ich bin heute einfach nur dankbar für mein überschaubares Problem, meinen inhaltlich und zeitlich managebaren Stress wegen des Umzugs. Diese Belastung ist halb so schlimm. Ein Stück weniger schlimm durch eine Freundin, die mir hilft. Meine liebste löwenbeherzte und löwenmähnenlockige und löwenmutige ehemalige Oberärztin und mittlerweile  Freundin. Mein Vorbild was therapeutisches Arbeiten angeht und eine relativ hohe Latte bezüglich Wissen über Psychopharmaka. Mit einer Million feinster Antennen und einem Gespür für Dynamik und Situation mit den Patienten (und auch den anderen), das manchmal fast unheimlich war. Ich habe ihr zugesehen und zugehört, in meiner ersten Klinik, und war beeindruckt. So ein filigranes Gespür und so ein gewaltiges Temperament. Und so hohe Schuhe. Für mich war sie immer Fels in der Brandung oder auch die Brandung, wenn zu viele Steine im Weg herum gelegen haben. Dass ein Ambulanz-Whiskey eine Berechtigung hat und ein Hund in der Behandlung eine Selbstverständ

Um 5.10 Uhr wache ich auf

Um 5.10 Uhr wache ich auf. Das herrliche Kind schläft. Ich bin schlagartig sehr wach, der Kiefer tut mir weh. Die Lippen prickeln. Ich atme merkwürdig. Stolperherz. Das kenne ich. Das ist nur die Angst. Ich weiß auch, warum sie da ist. Ich habe im Traum überlegt, wohin ich das herrliche Kind am Umzugstag hinlegen kann, für den Mittagsschlaf. Weil. Mittagsschlaf ist es gewohnt. Bekommt es den nicht, ist der Nachmittag wackelig. Das Kind ohne Schlaf in der chaotischen Umzugssituation in einer neuen Wohnung, in der ich gleichzeitig auspacken und putzen und aufbauen soll. Das ist der Stoff, aus dem die Antarktis ist. Wenn nur. Gäbe es nur Großeltern, die das herrliche Kind gut kennt, bei denen es sein könnte. Nur einen Tag lang. Wäre nur die schöne Godi in der Nähe. Oder mein Bruder. Jemand, der hier mit aufbauen könnte. Ich drehe die Verzweiflungsschleife im Kopf. Das führt nirgendwo hin. Es ist nicht gerecht, so zu denken. Ich bin hierher gezogen. 1000km weit weg. Und außerde

Sonntag

Sonntag Vormittag im Spaßbad. Die Kinder und der herzvolle Vater gehen rutschen. Fast eine Stunde bin ich für mich. Mit 400 anderen Menschen. Die ich komplett ausblenden kann. Geht mich nichts an, ich bin alleine. Knapp eine Stunde. Danach habe ich eine Mikrowelle über die Kleinanzeigen für mich reserviert und mit dem Elektro-Gebrauchtwaren-Händler meines Vertrauens telefoniert. Morgen fahre ich vorbei und wir machen die Details und das Lieferdatum für Kühlschrank und Herd aus. Und er zeigt mir nochmal und erklärt mir nochmal, was er empfohlen hat. Besser ist das. Ich muss neue Elektrogeräte bedienen. Neue Lichtschalter finden im Dunklen. Neue Geräusche. Neues Alles. Außerdem habe ich Sofa und Polsterbank für den Esstisch bestellt. Ich bin zufrieden. Und beruhigt. Beruhigter. Jetzt fehlen nur noch 2 Teppiche und ich habe alles. Glaube ich. Erstmal ist dann alles da. Morgens auf dem Weg ins Bad haben wir an meiner Hinterhof Hexenhaus Wohnung angehalten. Farbe ausgeladen. Die K

Ersatzfamilie im Einsatz

Ersatzfamilie im Einsatz. Heute um 8.30 Uhr morgens sind der beste Freund vom herrlichen Kind und seine Eltern zu uns gekommen. Die Männer haben den Sperrmüll weg gebracht und einen Esstisch samt Sitzbänke in die Wohnung vom herzvollen Vater hoch geschleppt. Und wir waren mit den Kindern. Eigentlich war vor allem die Mama vom besten Freund bei den Jungs. Ich konnte aufräumen, putzen. Kochen. Ein Schritt weiter im Projekt umziehen. Und zwar stressfrei. Schön war dieser Vormittag. Die Jungs waren ein Herz und eine Seele. Haben gespielt. Und ich hab mich aufgehoben gefühlt. Mit der Mama vom besten Freund, der Lieben. Nicht alleine. Der Nachmittag war merkwürdig. Das große Kind war bei uns. Ist mit uns zum Baumarkt gefahren, Farbe holen. Ich muss meine neue Wohnung ausmalen. Der herzvolle Vater war abwesend, dauernd am Handy, Fussball checken. Ich habe mich mit den Kindern beschäftigt, bin gefahren, natürlich. Merkwürdig ist, dass das große Kind und ich plötzlich gut miteinande

Ich bin müde und froh

Ich bin müde und froh heute, dieser Freitag war ein so guter Tag, so ein gelungener Tag und das habe ich gebraucht. Freitag arbeite ich länger, heute waren 6 Therapie Gespräche geplant, ein voller Plan also. Die Patienten und ich sind noch immer in der Eingangsphase. Es geht um die Biographien, darum ihre Geschichten zu hören. Ein Gefühl für die Sprache zu entwickeln, die sie zur Verfügung haben oder eben nicht. Erste innere Orientierungs-Arbeiten gelingen heute. Ich arbeite endlich wieder therapeutisch und fühle mich wohl wie ein Fisch im Wasser. Die DBT ergänzt meine Ausbildung, bringt Struktur. Mittagessen mit zwei Kolleginnen aus meinem neuen Team, den beiden mit denen ich mich am besten verstehe. Freitag sind nur wir drei in der Klinik, hat auch etwas von hartem Kern und eingeschworener Bande, auch das tut mir heute gut. Am Ende des Tages bin ich müde, aber erfüllt. Ich mag meine Arbeit. Sehr. Zuhause läuft mir das herrliche Kind entgegen, umarmt mich wild, plappert. Ist wi

An Tagen wie heute

An Tagen wie heute schreibe ich meinem Fräulein Ahorn, "heute geht's ma gar net gut". Und muss innerlich schon wieder fast lachen. Wenn sie Tage wie diesen hat, schreibt sie mir das. Oder sagt es in der Sprachnachricht. Sagt es so, dass man schon wieder fast lachen muss, sagt es so herrlich vorwürflich und fordernd. Heute. Bin ich ganz kleinlaut und abgeräumt, bin unerwachsen und geniere mich. Für mich. Es hat ganz gut begonnen, eine gute Nacht, aufstehen um 5.30 Uhr. Der herzvolle Vater wollte heute mithelfen morgens, sich einbringen. Das war gar nicht so wirklich hilfreich. Ich habe gemerkt, dass wir einen eingespielten Ablauf haben, das Kind und ich. Eingespielt reibungslos und eingespielt auch im Nichts-Geht-Mehr. Irgendwie auch gut zu merken, dass es nicht leichter wird durch einen zweiten Erwachsenen. Es ist ja sowieso meistens leicht und wenn es doof ist, ist es das eben - offenbar egal wie. Egal wer. Na gut. Gut zu wissen. Beim Gehen suchen wir al

Ich habe heute gar keine Zeit

Ich habe heute gar keine Zeit zum Schreiben. Bin jetzt im Modus. Durchhaltemodus. Umzugs-Tunnel, ganz im Sinne des "Augen nach vorne richten  und tun, was nötig ist". Mein kurzer Mittwoch in der Klinik, dann Selbsterfahrung. Dann Schuhe kaufen für das herrliche Kind, dann Blumenerde holen. Zuhause habe ich Klamotten aussortiert. Blumen umgetopft. Teller und Tassen und Gläser aufgeteilt. Für zwei Haushalte. Das herrliche Kind abgeholt. Essen gemacht, Wäsche aufgehängt, Küche aufgeräumt, baden beaufsichtigt. Dann eine halbe Stunde Playmobil spielen. In der Playmo-Kiste wühlen. Das Wort "Playmo" sagen. Ein Kindheitswort. Es hört sich gleich an und fühlt sich gleich an, in dieser Kiste zu wühlen. Eine halbe Stunde Harmonie und Friedlichkeit mit meinem wunderbaren Jungen und meiner eigenen Kindheit gleichzeitig. Vorlesen, Licht aus, singen, Over and Out. Und jetzt mache ich weiter. Schuhe aussortieren. Bettwäsche sichten. Läuft.

Es sind noch 19 Tage

Es sind noch 19 Tage. Erst in 19 Tagen muss alles gepackt sein. Ich habe uns in der aufkeimenden Panik eine ganze Woche unterschlagen. Nachts war ich zwei Stunden wach. Habe gerechnet, hin und her überlegt, die Kleinanzeigen durchforstet, den Onlineversandt gecheckt. Ich muss einen Herd, einen Kühlschrank, eine Mikrowelle erstehen. Gebraucht ist völlig ok. Ich kenne mich schlecht aus, weiß nicht was gut ist, worauf ich achten muss. Das Adrenalin hat seine Schleifen gezogen. Dann bin ich doch wieder eingeschlafen und habe geträumt, dass ein Wespen- oder Hornissen Schwarm in der Wohnung ist. Vor der Schlafzimmer Türe, im Flur. Mittendrin der herzvolle Vater. Steht da einfach. Unternimmt nichts. Sagt mir, er hätte nur so zum Spaß ein oder zwei Wespen gefüttert, und jetzt wären es plötzlich so viele. Ich schreie ihm durch die geschlossene Türe zu, er muss den Notruf wählen. Das Summen und Brummen ist so laut, durch das Schlüsselloch kann ich vor lauter Insekten fast nichts erkennen

Noch 13 Tage

Noch 13 Tage bis zum Umzug. Die Wohnung ist verändert. Der herzvolle Vater hat vieles schon abmontiert und ausgeräumt und weg gebracht. Die klobige-lebenserfahrene Kommode steht da, bereit sich in ein weiß lackiertes Trumm zu verwandeln. Die Kartons sind da. Eingepackte Billy Bücherregale lehnen an der Wand. Ich putze nur noch oberflächlich, hudriwudri. Es lohnt irgendwie nicht mehr. Heute morgen wieder Montags Terror in allen Facetten. Das herrliche Kind verweigert. Verweigert die Socken, die Hose, den Pulli, die Schuhe, die Jacke. Schreit. Heult. Bockt. Bis ich schreie. Ich atme durch, versuche zu verhandeln. Versuche es mit Ablenkung. Werde schlagartig rotglühend zornig und brülle, gehe aus der Wohnung und schlage die Türe zu. Schäme mich sofort dafür. Er weint. Er macht die Wohnungstür auf, ruft Mami, Mami. Ich nehme ihn in den Arm. Mühsam handeln wir aus: ein Kakao, dafür Schuhe und Socken. Jacke und Pulli bringe ich so mit. Wie fast immer momentan. Beim Verabschieden klam

Nachtrag 8.9.2019: müde

Noch 14 Tage bis zum Umzug. Nachts war die Übelkeit so schlimm, dass ich aufgestanden und ins Badezimmer gegangen bin, für den Fall. Und wieder ins Bett. Beim Aufstehen um 6 Uhr noch immer Übelkeit, schwache Beine, Müdigkeit. Nach Kaffee trinken ist mir nicht. So schlimm ist es. Ich will einfach nur schlafen. Unser Sonntag zusammen. Wird reduziert auf gemeinsam Bus fahren zum Hauptbahnhof. Züge gucken. Etwas essen mit Blick auf die Gleise. Mittagsschlaf zusammen. Dann Feuerwehrmann Sam, doppelt so lange als sonst. Ich bin irgendwie neben mir, ausgelaugt, angeschlagen. Müde. Später holen wir die Umzugskartons ab. Ich bin gestresst, muss fahren. Aber auch das schaffen wir irgendwie. Dann baden. Nudeln essen mit Butter und Salz. Endlich 18.45 Uhr, Bett, Buch angucken. Unser Nachbar über uns, der Komponist, Pianist, hat Probe mit einer kleinen Band. Das beste an unserer Wohnung, dieses Klavier über dem Bett. Wir hören zu, das herrliche Kind schläft schnell ein. Ich höre we

Dienst Samstag

Mein Fräulein Ahorn schickt mir  Sprachnachrichten. Endlich wieder. Erzählt von früher, von der Schule. Wir waren in der selben Schule. Und ich muss so lachen. Weil es so stimmt. Wie sie alles beschreibt. Ich kann die Turnhalle riechen, so genau erinnert sie sich. Und mich. Kaum jemand kann so gut erzählen. Ich liebe diese Sprachnachrichten. Unser Hörbuch. Wenn ich sie länger nicht höre, fehlt mir etwas. Sie. Sie fehlt mir dann. Wir kommen aus dem selben Stückchen Heimat, örtlich und biographisch, so vieles ähnlich. Kennen uns dadurch seit immer. Irgendwie. Das tut mir gut. Heute wieder Dienst. Ein langer Samstag-Dienst. Der Abschied vom herrlichen Kind war weniger dramatisch heute. Ich habe versucht, mich innerlich anders zu positionieren. Eine andere Haltung anzunehmen. Fröhlich, handfest. In der Klinik angekommen, fehlt er mir. Sehr. Ich will nicht hier sein. Ich möchte mit dem herrlichen Kind vor dem Haus Feuerwehrautos und Dinosaurier mit Straßenkreide auf den Asphalt ma

Noch 16 Tage

Noch 16 Tage bis zum Umzug. Habe jetzt kapiert, dass diese Wohnung innerhalb der nächsten 2 Wochen geräumt werden muss. Und das bis möglichst 14 Uhr am Umzugstag, weil um 14.30 die neuen Mieter einziehen wollen. Innerhalb eines Tages muss also die neue Wohnung bezogen werden, die erst am Tag, bevor ich einziehen, geräumt wird. Einigermaßen geräumt wird. So leer wie möglich geräumt wird. Wände streichen, Regale anbringen, putzen passiert hoffentlich vorher, eher gleichzeitig und vor allem nachher. Ich habe seit heute einen deutlich erhöhten Adrenalinspiegel. Und noch keinen Plan. Nur eine to do Liste. Ad 1. Umzugskartons sind organisiert, das Abholen muss noch geplant werden (wann, mit welchem Auto). Ad 2. Vitali macht mit seiner Truppe den Umzug. Er kommt in 4 Tagen um sich alles anzusehen und sagt mir dann, was es kosten wird. Ich muss nun 3. die Daueraufträge ändern und die Kaution überweisen und 4. klären, ob ich erste Arbeiten in der neuen Wohnung schon innerhalb der nächst

Das Kind hat Magen Darm

Das herrliche Kind hat Magen Darm. Die Nacht war unruhig. Morgens noch Gekicher und gute Laune im Bett, "Kakao bitte", und dann explosionsartig alles retour. Ohne das typische Weinen davor. Nur das hochakute kleine Schmatzen davor. Bis wir das Badezimmer erreicht hatten, war der Magen leer und wir beide mit Haut und Haar - nun ja, betroffen. Getroffen. Eingesaut. So wie Bett, Fussboden und sogar ein bisschen die Wand. In der Badewanne alles ausziehen. Guten Morgen. Ich rufe nach dem herzvollen Vater, sage, das Kind hat Magen Darm. Er fragt, ob ich mir sicher bin. Ob nicht vielleicht nur. Ich bin mir sicher. Gestern war der beste Freund des Kindes bei uns und hat sich schwallartig im Flur übergeben. Im Grunde war ich schon gestern sicher Das herrliche Kind hat kein Fieber und gute Laune, Kita geht natürlich trotzdem nicht. Wir beraten. Wer bleibt zu Hause. Den Tag aufteilen? Was ist wie sehr wichtig. Ich habe Dienstwoche, kann nur heute und morgen meine ambulanten Pati

Ich habe jetzt ein Büro

Ich habe jetzt ein Büro in der Ambulanz, einen eigenen Raum. Muss nicht mehr herum wandern von unbesetztem Raum zu unbesetztem Raum. Eine Tradition in unserer Abteilung ist, dass es keine Räume gibt. Zu wenige Räume. Wer dazu kommt, hat erstmal keinen, bis jemand geht. Jetzt habe ich einen. Und ich fühle mich ganz feierlich. Habe die Haus-Handwerker angerufen, damit sie eine Wand neu streichen. Habe über die Kleinanzeigen eine Stehlampe erstanden, für gemütlicheres Licht, werde mir Pflanzen in mein Büro stellen. Werde Zeichnungen vom herrlichen Kind aufhängen. Und das Poster aus dem Museums Shop: Besser Scheitern. Ich habe jetzt meinen Raum und heute habe ich 2 Stunden lang aufgeräumt. Altlasten der letzten Kollegen weg geschmissen, Schubladen ausgeräumt, sauber gemacht. In ca. 3 Wochen werde ich kurzfristig im Umzugschaos untergehen. Es wird gut sein, dann zumindest einen geordneten, gemütlichen Raum zu haben. Ich bin ganz verloren bei dem Gedanken an den Umzug. Ohne den herzvol

Dienst

Dienst. Der Hubschrauber landet ununterbrochen, ein Schock-Raum nach dem anderen. Das betrifft die Kollegen, nicht uns. Aber es beschreibt die Stimmung in der Notaufnahme. Die Geräuschkulisse ist abenteuerlich. So viele Menschen. Patienten. Angehörige. Ein Schlachtfeld irgendwie. Ich sehe hintereinander drei Patienten mit Zustand nach Suizidversuch. Der jüngste Patient ist gerade volljährig, hat 69 Tabletten Paracetamol eingenommen. Ob die Leber versagt und transplantiert werden muss oder nicht, weiß man erst in 4 Tagen. Die Dosis ist tödlich, unbehandelt. Die Hälfte davon wäre es. Macht die Leber kaputt. Unklar ist, wie viel er erbrochen hat. Unklar, was nun passieren wird in ihm. Also Überwachung. Er liegt im Bett, wirkt schmerzhaft kindlich, ist psychisch schwer krank. Sagt, ich bin ein schlechter Mensch; ich hätte mich umbringen sollen, bevor ich so ein schlechter Mensch geworden bin. Entschuldigt sich, dass er meine Zeit verschwendet. Kann nicht raus aus dieser Wahrnehmung, di

Wir riechen beide säuerlich

In meinem Arm liegt das herrliche Kind und schläft. Wir riechen beide ein bißchen säuerlich, nach alles-durcheinander-gegessen und 2-Flaschen-Milch-getrunken und natürlich-alles-erbrochen. Auf dem Flur ist eine riesige Pfütze mit Abendessen Stückchen drin. Ich erkenne mittlerweile sein mir-ist-schlecht-weinen, wollte das Badezimmer noch erreichen. Der arme kleine Bär. Ich schäme mich, dass ich ihn nicht abgehalten habe vom Durcheinander-Essen. Ich habe gedacht, na gut. Dachte, er weiß bestimmt am Besten worauf er Lust hat. Er ist 2 Jahre alt. Natürlich weiß er es nicht am Besten. Heute habe ich die Linie nicht so klar vorgeben. War nicht ausreichend auf Zack als Mama. War zu beschäftigt mit mir. In mir verwurschtelt. Morgens hat alles so gut geklappt. Ich war gelassen und entspannt, weil Zeitausgleich, freier Montag. Der herzvolle Vater war schon um 7.00 Uhr weg, das herrliche Kind und ich haben Hörspiel gehört und gekuschelt, haben lange gefrühstückt. Zähne putzen und anziehen

Seit ein paar Tagen

Seit ein paar Tagen ist das herrliche Kind sehr, sehr kuschelig. Schläft in meinem Arm ein. Schläft in meinem Arm weiter. Sagt im Halbschlaf "Mama da?" Ich sage, die Mama ist da. Ich stopfe die Decke fest um ihn herum, damit er guten Halt hat. Ich bleibe am liebsten gleich bei ihm im Bett und lese. Die ersten 1,5 Jahre habe ich gehofft, dass er schnell größer wird. Die Zähne durch sind, die Sprache kommt, er selbst laufen lernt, usw. Ich habe mich gefreut auf. Dann. Wenn. Gewartet. Auf die Entwicklung. Seit ein paar Tagen ist etwas verändert. Bin ich anders, bin ich hier und heute. Bin nicht mehr so ungeduldig, dass. Warte nicht so dringlich bis. Sondern. Halte ihn fest im Arm, weil er das möchte. Gebe ihm viele, viele Küsse auf seinen Lockenkopf. Kann zum ersten Mal, seit ich seine Mama bin, damit aufhören besorgt zu sein, ob ich es richtig mache. Zumindest im Nahen. Im Halten, im Da-Sein. Mache ich das jetzt so. Er schläft aktuell bei mir und das ist richtig. Füh