An Tagen wie heute
An Tagen wie heute schreibe ich meinem Fräulein Ahorn, "heute geht's ma gar net gut". Und muss innerlich schon wieder fast lachen. Wenn sie Tage wie diesen hat, schreibt sie mir das. Oder sagt es in der Sprachnachricht. Sagt es so, dass man schon wieder fast lachen muss, sagt es so herrlich vorwürflich und fordernd.
Heute. Bin ich ganz kleinlaut und abgeräumt, bin unerwachsen und geniere mich. Für mich.
Heute. Bin ich ganz kleinlaut und abgeräumt, bin unerwachsen und geniere mich. Für mich.
Es hat ganz gut begonnen, eine gute Nacht, aufstehen um 5.30 Uhr.
Der herzvolle Vater wollte heute mithelfen morgens, sich einbringen. Das war gar nicht so wirklich hilfreich.
Ich habe gemerkt, dass wir einen eingespielten Ablauf haben, das Kind und ich. Eingespielt reibungslos und eingespielt auch im Nichts-Geht-Mehr.
Irgendwie auch gut zu merken, dass es nicht leichter wird durch einen zweiten Erwachsenen. Es ist ja sowieso meistens leicht und wenn es doof ist, ist es das eben - offenbar egal wie. Egal wer.
Na gut.
Gut zu wissen.
Der herzvolle Vater wollte heute mithelfen morgens, sich einbringen. Das war gar nicht so wirklich hilfreich.
Ich habe gemerkt, dass wir einen eingespielten Ablauf haben, das Kind und ich. Eingespielt reibungslos und eingespielt auch im Nichts-Geht-Mehr.
Irgendwie auch gut zu merken, dass es nicht leichter wird durch einen zweiten Erwachsenen. Es ist ja sowieso meistens leicht und wenn es doof ist, ist es das eben - offenbar egal wie. Egal wer.
Na gut.
Gut zu wissen.
Beim Gehen suchen wir alle mein Handy. Mal wieder. Immer wieder verlege ich das gottverdammte Telefon. An Tagen wie diesem bis zu 25 Mal.
Der Vater findet es.
Wir gehen los. Das herrliche Kind hat gute Laune. Isst seine Brezel. Winkt den Dinosauriern in den Bäumen. Wir treffen auf dem Weg den besten Freund vom Kind und dessen Eltern. Gehen alle zusammen hinein in die Kita. Abgeben ist heute überhaupt gar kein Problem. Wie gut das tut.
Der Vater findet es.
Wir gehen los. Das herrliche Kind hat gute Laune. Isst seine Brezel. Winkt den Dinosauriern in den Bäumen. Wir treffen auf dem Weg den besten Freund vom Kind und dessen Eltern. Gehen alle zusammen hinein in die Kita. Abgeben ist heute überhaupt gar kein Problem. Wie gut das tut.
Draußen ist mein Telefon weg.
Ich kann das kaum glauben.
Fühle mich plötzlich wie in meinen Angst-Schlaflosigkeit-Hochzeiten, wie mitten in der Antarktis.
Ich kann das kaum glauben.
Fühle mich plötzlich wie in meinen Angst-Schlaflosigkeit-Hochzeiten, wie mitten in der Antarktis.
Als ich auch ständig.
Alles verloren habe. Alles vergessen.
So unkonzentriert war. So haltlos war. Ich bin schlagartig verunsichert.
Was ist mit meinem Kopf los.
Der herzvolle Vater geht nochmal in die Kita. Dort ist es nicht.
Wir suchen.
Den ganzen Weg zurück.
Im Bäcker.
Zu Hause.
Finden es nicht.
Ich bin spät dran.
Orte es über den Laptop.
Lasse es klingeln.
Der herzvolle Vater geht nochmal in die Kita. Dort ist es nicht.
Wir suchen.
Den ganzen Weg zurück.
Im Bäcker.
Zu Hause.
Finden es nicht.
Ich bin spät dran.
Orte es über den Laptop.
Lasse es klingeln.
Es klingelt in meiner Tasche im Flur.
Das Innenfutter hat ein Loch.
Das Innenfutter des Tages heute hat auch ein Loch.
In dem ich verloren gehe.
Das Innenfutter des Tages heute hat auch ein Loch.
In dem ich verloren gehe.
Ich komme zu spät in die Klinik, bin gehetzt. Bin irgendwie aufgerieben. Kann mich nicht sammeln. Innenfutterverlorenheit.
Dann ist das Mitarbeiter Gespräch mit dem Chef. Ich habe mich vorbereitet.
Dann ist das Mitarbeiter Gespräch mit dem Chef. Ich habe mich vorbereitet.
Ich wollte kompetent und engagiert und gelassen und freundlich sein.
Ich bin eine Katastrophe.
Bin emotional. Zu emotional.
Ich bin eine Katastrophe.
Bin emotional. Zu emotional.
Spreche die Unterhaltung mit dem ersten Oberarzt an, darüber dass mein Vertrag nicht verlängert werden soll. Sage zu offen auf seine Fragen nach meinem Blick auf die Klinik von außen, dass ich aktuell keinen Überblick habe über die Stimmung in der Assistentenschaft, dass ich in der Kleinteiligkeit meines Alltags hänge. Bin dabei zu emotional.
Sage immerhin noch, dass ich den Bereich, in dem ich jetzt arbeite, liebe und mich wohl fühle.
Danach. Bin ich verwirrt.
Sage immerhin noch, dass ich den Bereich, in dem ich jetzt arbeite, liebe und mich wohl fühle.
Danach. Bin ich verwirrt.
Und schäme mich.
Wieder alles falsch gemacht mit dem Chef.
Der nüchterne, karriereorientierte, forschungsmotivierte Mitarbeiter will, die alles geregelt haben und freie Bahn im Kopf schaffen für die Arbeit.
Fühle mich wie ein bunter Hund. Hysterisch. Unerwachsen.
Der nüchterne, karriereorientierte, forschungsmotivierte Mitarbeiter will, die alles geregelt haben und freie Bahn im Kopf schaffen für die Arbeit.
Fühle mich wie ein bunter Hund. Hysterisch. Unerwachsen.
Und weil ich gleich dabei bin, auch noch inkompetent.
Unsouverän.
Abends lege ich mich in die Badewanne. Das herrliche Kind möchte nicht, also bade eben ich. Zum ersten Mal bade dann einfach ich, diskutiere nicht mit ihm übers Gesicht waschen, bitte ihn nicht mit rein, gar nichts. Bin gerne alleine in der Wanne. Lasse die Badezimmer-Türe auf, er spaziert im Flur auf und ab. Trinkt Kirschsaft aus einem Becher. Ruft mich, wenn er außer Sichtweite ist. Ruft mich auf Hebräisch: "Mama bo!" - wie in der Kita. Ich rufe auch "Bo!"
Und dann kommt er zu mir und stellt den Becher auf den Badewannen Rand, legt die Hände vor die Augen. Und singt. Ich frage ihn, ob er der Shabbat Abba ist. Er sagt ja. Singt noch einmal.
Ich könnte nicht stolzer sein. Bin sehr gerührt.
Da steht er, mein wunderbarer Junge mit seinem Lockenkopf, in der Windel und singt "Baruch ata".
Und dann kommt er zu mir und stellt den Becher auf den Badewannen Rand, legt die Hände vor die Augen. Und singt. Ich frage ihn, ob er der Shabbat Abba ist. Er sagt ja. Singt noch einmal.
Ich könnte nicht stolzer sein. Bin sehr gerührt.
Da steht er, mein wunderbarer Junge mit seinem Lockenkopf, in der Windel und singt "Baruch ata".
Und ich überlege, ob es nicht vielleicht noch viel unerwachsener ist, ständig dazu gehören zu wollen, wenn man einfach nicht dazu gehört. Warum ist es mir denn so wichtig, von diesem Chefarzt und dieser Klinik wertgeschätzt und verstanden und aufgenommen zu sein? Ich bin so anders strukturiert und brauche ganz andere Bedingungen um froh zu sein. Ist es nicht vielleicht genau richtig, in solchen Gesprächen eben ich zu sein und anders - wenn auch unfreiwillig notwendigerweise.
Das Kind trinkt den Kirschsaft mit Schwung aus und sagt, "ich auch baden".
Nicht alles falsch gemacht, denke ich. Das hier. Ist richtig.
Nicht alles falsch gemacht, denke ich. Das hier. Ist richtig.