Die erste Nacht

Die erste Nacht, wir haben gut geschlafen.
Vor dem Einschlafen hatte ich noch eine Nachricht an den herzvollen Vater geschrieben. Ihm eine Gute Nacht gewünscht.
Es war irgendwie merkwürdig, dass er nicht hier war.
Hat gefehlt, irgendwie.

Morgens wachen wir auf, sehr früh, und doch weiß ich gleich, es ist besser heute. Heute geht es besser, wenigstens ein bißchen.
Es gibt Kaffee und Kakao in der Küche, danach räumen wir weiter Kartons aus.

Um kurz nach 8 Uhr gehen das herrliche Kind und ich in das Gärtchen mit den Schaukeln, der Sandkiste und der Rutsche in unserem Hof. Deponieren seine Bagger dort. Dann packe ich ihn ins Auto und meine Schwester und ich laden Berge von leeren Kartons und den Sperrmüll ein, holen den herzvollen Vater ab und fahren zum Werkstoffhof.
Das Kind ist bestens gelaunt. So viel zu sehen. Alle zusammen.
Wir fahren noch einmal zur alten Wohnung, räumen den Dachboden aus, fahren wieder zum Werkstoffhof und schmeißen fast alles weg.
Geschafft.
Diese Wohnung, die uns kein Glück gebracht hat, ist geräumt. Die Schlüssel lassen wir im Briefkasten. Wir sind raus.
Von jetzt an.
Gibt es das Zuhause im Hinterhof und die Wohnung vom herzvollen Vater unter dem Dach im Kita-Viertel.
Wir sind gelöst. Außen und innen.
Fahren alle zusammen einkaufen. Zwei Mal ein Grundstock an Lebensmitteln.
Sind fröhlich.
Suchen hinter jedem Regal Dinosaurier und Monster, das Kind ist begeistert.
Danach die erste Runde bohren und anbringen, Aufbau hier.
Wir sind hungrig, müde, es ist noch immer maximal chaotisch. Unmöglich ist es, irgendetwas zu finden. Man kann nur entdecken.
Es strengt mich an.
Kein Handgriff ist Gewohnheit.
Nichts lässt sich einfach durchführen. Etwas fehlt, etwas ist im Weg, etwas steht davor.

Ich mache Abendessen für uns alle. Wir sitzen zu viert um den kleinen Küchentisch und essen. Es ist gemütlich.
Das herrliche Kind ist übermütig, plappert, schmaust.
Dann geht der herzvolle Vater und für einen Moment ist es wieder so verheerend in mir.
Das herrliche Kind steht an der Türe.
Ich sage, "der Papa muss noch Sachen weg bringen und arbeiten". Sage, "Tschüss Papa, bis morgen". Fühle mich wie eine Lügnerin, weil ich nicht sagen, "der Papa wohnt hier nicht". Nehme mir vor dem Kind morgen zu erklären, dass der Papa und die Katzenweiber in dem Haus gegenüber vom Bäcker wohnen und wir hier.
Und das große Kind bei seiner Mutter.
Und die Tante in Belgien.
Und die schöne Godi in Salzburg.
Für heute löse ich es so. Halbwahr.
Das Kind steht an der Türe.
Ich sage, "komm, wir suchen ein Buch aus und lesen gemütlich im Bett". Und er läuft ins Wohnzimmer zu seinen Büchern.

Hineinwachsen, das müssen wir. Erst noch wachsen und es lernen, wie das gehen kann. Abends an der Türe.
Wie wir es handhaben, das Vermissen von.
Das Akzeptieren dass.
Es ist meine Aufgabe dem herrlichen Kind zu ermöglichen, es auszusprechen, es spüren zu können, damit umgehen zu lernen. Mit allem. Was es bedeutet.
Für ihn.
Eine Heidenangst habe ich davor.
Und doch.
Besser ist es heute.
Immer noch Ausnahmezustand.
Aber heute schwimmen wir oben, im Strudel.

Ich räume jetzt weiter auf.
Sammel die Dinge ein, sammel die Einzelteile auf. Außen und innen.
Hier, zu Hause.
Zuhause.
Das Kind sagt "Hause". Seit heute.




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