Posts

Es werden Posts vom November, 2019 angezeigt.

Ab heute

Das herrliche Kind liegt neben mir in seinem Bett und macht sein Mittagsschläfchen. Wir sind aneinander gekuschelt. Der Geschirrspüler brummt und plätschert in der Küche, ab und zu höre ich eine Sirene, einen Krankenwagen auf dem Weg in die Klinik um die Ecke. Das Kind schnaubt. Atmet ruhig. Ist ganz entspannt. Es ist Samstag, wir können Nähe tanken. So viel Hautkontakt haben, wie wir wollen. Wir können ungestört und unkommentiert den ganzen Tag miteinander sein. Heute Morgen, als wir in den riesigen türkisen Flausch-Bademantel eingewickelt Kakao und Kaffee auf dem Küchenfussboden getrunken haben, habe ich beschlossen, dass heute ein "Ab-Heute" ist. Schluss jetzt. Genau hier, auf dem Küchenfussboden. Und los geht's, weiter geht's. Und zwar ab jetzt. Erstens: wenn es so ist, dass das herrliche Kind aktuell die neue Situation verarbeitet, dann ist das so. Es ist gut, es ist richtig, es ist ein Glück, dass er Veränderungen verarbeitet. Mit allem, was dazu ge

Banktermin

Banktermin. Wir bekommen das Geld. Zu schlechten Konditionen. In 9 Monaten treffen wir uns wieder, versuchen die Konditionen zu verbessern. Ich habe jetzt wirklich Schulden. So richtig. Der Bank Mitarbeiter sagt, das sei noch human. Für mich ist es viel. So richtig viel. Seit drei Jahren werden meine Schulden immer mehr. Ich habe mich finanziell absurd weit weg bewegt von dem, was vernünftig und sicher ist. Die letzte Wohnung war zu teuer. Elternzeit war eine Einbuße. Die Schulden vom herzvollen Vater waren hoch. Jetzt sind wir an einem Punkt, an dem es anders werden muss. Jetzt darf nichts mehr passieren. Nichts mehr dazu kommen. Ich weiß nicht, ob wirklich alles auf dem Tisch liegt. Ob die Grundstruktur vom herzvollen Vater immer weiter, immer mehr Schulden verursachen kann und wird. Ich weiß aber ganz sicher, dass dieser Termin heute mein Äußerstes ist. Mehr geht nicht. Mehr bekomme ich nicht. Mehr habe ich nicht. Mehr kann ich nicht geben. Wie zum Teufel bin ic

Übergänge

Die Abschiede sind so schwer. Immer wieder. Gerade wieder. Das herrliche Kind möchte morgens nicht in die Kita, sagt "nicht Kindergarten", weint. Beim Abholen dann will er oft nicht gehen, immer muss er mir noch dies und das zeigen. Ich glaube, im Kindergarten ist alles in Ordnung, er lehnt nicht den Kindergarten ab, er hat Probleme mit dem Übergang. Das kenne ich. Ziemlich gut. Ich möchte derzeit auch zu Hause bleiben. Am liebsten mit ihm. Ich habe so eine Sehnsucht zu kochen, zu backen, im Haus herum zu wurschteln, mit meinem Kind zu spielen, zu Mittag mit ihm auszuruhen und ihm 12zigtausend Bussis über den Tag verteilt zu geben. Ich gehe also momentan mit schwerem Herzen zur Arbeit. Und dort. Ist I., meine Kollegin. Und die anderen. Dort sind meine Patienten. Und ich freue mich mit ihnen zu sein, interessiere mich für die Geschichten, muss lachen, bin gerne im Team, finde es spannend voran zu kommen. Der Übergang ist das Schwierige. Auch für mich. Beim Abhole

Seelenhühnersuppe

Mittwoch, mein kurzer Tag. Bin mittags fertig. Ich gehe einkaufen auf dem Heimweg, möchte ganz viel kochen zu Hause. Morgens habe ich mich auf die Waage gestellt. Zu wenig. Ich sehe es mir an, bin ausgezerrt. Bin in den letzten Monaten immer weniger geworden. Aber was ist mehr geworden? Was nimmt mir den Platz?  Ich erzähle meinem Fräulein Ahorn von gestern, dem irgendwie verunglückten Kaffeetrinken mit F. Erzähle davon, dass ich außer Stande bin - offensichtlich - neue Menschen kennenzulernen. Ich habe mich wie eine Irre benommen. Hatte den verrückten Wunsch, alles klar und ungeschönt auf den Tisch zu legen.  Mein Alles. Um nicht mißverstanden zu werden. Nicht wieder. Erzähle meinem Fräulein Ahorn, dass ich zu dünn bin. Es nicht schaffe ein Gewicht zurück zu erobern, das mir steht, mich stark macht, mich sinnlich sein lässt. Ich bin jenseits von sinnlich. Innen und außen. Bin nur Kopf. Irgendwann sage ich, "ich brauche jemanden, der mir etwas zu essen macht"

Der Tag kann jetzt weg

Bett und Rotwein. Nicht mein Tag. Bis Mittag schon. Habe meine Bücher sortiert, die Hälfte zumindest. Die andere Hälfte grob sortiert. Dann bin ich zum Kaffee trinken mit F. geradelt. Und von da an war's ein Gewurschtel. Kein Kaffee mehr. Keine neuen Menschen. Ich kann das momentan nicht. Ich kann nur ganz und gar offen sein oder beruflich distanziert derzeit. Wer mich kaum kennt muss denken, dass ich einen Knall habe. Die altrosa Sitzbank ist gekommen. Habe die Verpackung mit dem Stanley Messer aufgeschnitten. Und den Bezug gleich mit. Die Kita Erzieherin sagt, das herrliche Kind soll lernen alleine aufzuwachen. Soll nachts selber zu mir ins Bett kommen, wenn schon. Ich soll ihn dann schlafend zurück tragen. Das große Kind und ich verpassen uns. Wie immer ist unklar, wann er wo hin kommt und wie immer ist sein Handy nicht aufgeladen. Bett und Rotwein. Und morgen mehr. Der Tag kann jetzt weg.

Das gute Leben

Ich arbeite heute so strukturiert und fokussiert wie lange nicht. Keine Mittagspause, kein Quatschen mit Kollegen, keine Besprechung. Ein Therapiegespräch. Nachbereitung. Vorbereitung. Therapiegespräch. Dann komme ich nach Hause, der herzvolle Vater hat das herrliche Kind abgeholt. Muss gleich zurück an den Schreibtisch. War heute morgen schon spontan bei uns, nach seiner Jogging-Runde. Zu dritt sind wir zur Kita marschiert. Der Abschluss der Ausbildung steht bevor, jetzt muss er nochmal an die Bücher. Das Kind und ich sind müde. Außerdem sehr froh wieder zusammen zu sein. Jeden Montag ist das so. Nach dem Wochenende ist es immer ungewohnt, den Tag ohne einander zu verbringen. Wir essen auf dem Küchenfussboden, ein Picknick sozusagen. Gucken Peppa Wutz dabei. Er sitzt an mich gelehnt. Ist glücklich. Ich bin es auch. Ich räume die Küche auf, bereite den Kaffee vor für morgen, die Flasche für nachher. Höre Sprachnachrichten vom Fräulein Ahorn, antworte ihr. Das Kind singt mit de

Totensonntag

Totensonntag ist heute. Wie schön das klingt. Eine Woche vor Allerseelen. Was auch schön klingt, aber auch irgendwie daran vorbei klingt. Seelen. Alle Seelen - das ist undeutlich, verklärt. Wenn es darum geht, dass jemand tot ist, der vorher am Leben war. Im Leben wichtig war. Und jetzt für immer tot ist. Ich schreibe Briefe, seit ich schreiben kann an einen Menschen, der jetzt tot ist, bis Februar diesen Jahres aber war er am Leben. War wichtig in meinem Leben. War mein Anker und mein Echo, mein dritter Elternteil, in meiner Kindheit, bis heute. Und heute schreibe ich ihm auch. Lieber Pater C. Du bist am letzten Sonntag im Februar gestorben, morgens um 5.00 Uhr. Ein Frühlingstag, sonnig, warm. Ich bin um 5.00 Uhr vom herrlichen Kind geweckt worden. Ich habe es nicht gespürt. Später habe ich es erfahren. Ein paar Sekunden habe ich die Worte im Kopf gedreht. Ein Moment Herzrasen. Dann eine Pause in mir, ein sorgfältiges Wegschieben des Wortes Tod von Deiner Perso

Versunken

Wir verbringen den Tag zu viert. Mehr oder weniger. Am Vormittag bin ich drei Stunden ganz alleine. Das erste Mal seit 2 Wochen?  Oder 3 Wochen? Ein Zeitfenster. Was zuerst? Baden, Doku gucken, nochmal ein bißchen schlafen? Oder raus gehen? Ich bade. Und dann räume ich auf. Kann es heute nicht nutzen für mich, die tickende Uhr immer, wenn ich ungestört bin. Bin ja gar nicht gestört vom herrlichen Kind.  Da freue ich mich so sehr auf das Alleine Sein und dann bin ich mittendrin plötzlich muffig, räume auf, verplempere es. Das Zeitfenster. Diese Zeitfenster. Sind schon gut. Sind total bescheuert. Der Tag war schön. Im Grunde. Ich bin trotzdem irgendwie komisch. Bin ganz merkwürdig gelaunt. Irgendwie so versunken. Worin weiß ich nicht.

Freitagsdienst

Der Banktermin fällt aus. Nächste Woche dann also. Ich bin erleichtert, weil es nicht heute stattfindet und bleibe angespannt. Gehe zur Arbeit, mache meinen Studenten Unterricht, sehe eine Patientin, fast drei Stunden vor dem offiziellen Dienstbeginn. Ablenken. Etwas tun. Der Dienst ist ruhig. Ich hole mir im 2. Stock ein riesiges, knuspriges Thunfischaufstrich-Brot. Setze mich damit in eine ruhige Ecke, Nähe Notaufnahme, aber versteckt. Esse in Ruhe. Lese eine Stunde lang völlig ungestört ein Skript zur Schematherapie, welcher Modus welche Funktion haben kann. Fast wie im Studium. Lernen. Versinken in einem neuen Stoff. Und dann lese ich mit wachsender Sorge dass narzißtische Persönlichkeitsstörungen bei Männern oft auf dem Boden einer Kindheit wachsen, in denen die kleinen Jungs materiell verwöhnt sind und mit einer Mutter aufwachsen, die im Kind einen Partnerersatz sieht. Ich bin besorgt. Weil ich mir nicht vorstellen kann, mich wieder zu verlieben. Wieder eine Beziehun

Es ist 8.52 Uhr

Es ist 8.52 Uhr, ich bin im Bus Richtung Klinik, werde mich ein bißchen verspäten. Nicht sehr. Wir sind erst nach 7 Uhr aufgestanden, ich übe derzeit wenig erfolgreich das Alleinige Aufstehen um 6 Uhr, um den Morgen wieder unter Kontrolle zu bringen. Ich wache auf und schlafe sofort wieder ein, wir sind so besonders kuschelig, so besonders gemütlich morgens. Und ich bin noch immer müde, müde, müde. Körpermüde. Ich werde es morgen wieder versuchen. Es ist ein Prozess. 6 Stunden Klinik, 6 Therapiegespräche. Meine Freundin, die ihr Baby bekommen hat in der Zwischenzeit, holt mich aus der Klinik ab. Das Baby ist zauberhaft. Winzig, rosa, zuckersüß. Ich bin stolz auf meine Freundin, freue mich sehr. Sie hat eine zweite Geburt gemeistert. Steht vor mir, lacht, ist so präsent, ist außerdem wunderschön. Wir nutzen den gemeinsamen Weg, ein paar Minuten einfach Freundinnen sein, miteinander reden. Es geht ihr gut momentan. Sie erzählt von ihren letzten Wochen, zwei kleine Kinder,

Teamtag

Heute ist Teamtag. Geplant ist, gemeinsam frühstücken zu gehen. Und dann ins Museum. Ich bin die erste im Café, die Kita startet um 9 Uhr, spätestens. Und ohnehin fängt mein Tag mit dem Kind früh an, unabhängig davon ob Montag, Samstag, Teamtag oder sonstwas drauf steht.  Ich sitze also in einem Café. Fast eine Stunde zu früh. Einfach hier sitzen. Weiß gerade nicht, wann ich das zuletzt gemacht habe. Wie selbstverständlich ich das früher gemacht habe. Wie selbstverständlich das jetzt nicht mehr stattfindet. Nächste Woche habe ich einen Tag Freizeit Ausgleich. Da werde ich gleich nochmal frühstücken gehen. Mein neuer Kollege F. hat auch frei. Wir haben uns verabredet. Ich denke darüber nach. Gestern war das ganz zwanglos, unverfänglich. Haben festgestellt, dass wir beide frei haben. Haben gesagt, ach dann lass doch frühstücken gehen. Und jetzt denke ich darüber nach. Wäre er eine Frau, wäre nichts dabei. Meine neue Teamkollegin, die hauchzarte, unbändige, reißfeste I. tre

Wir sind pünktlich

Wir sind pünktlich. Kaum zu glauben. Obwohl wir erst kurz vor 7 Uhr aufstehen, schaffen wir es ohne Hektik pünktlich aus dem Haus. Ich bin versucht zu sagen, wir haben den Dreh raus. Mal wieder. Eine neue Routine. Aufstehen, ein Kakao, ein Schluck Kaffee, anziehen und los. Die halbe Strecke mit dem Bobbycar bzw. zu Fuß. Durch Wind und Wetter. Das herrliche Kind liebt das. Die andere Hälfte mit dem Bus. Aus Zeitgründen. Und das letzte Stück trage ich Kind und Bobbycar. Ein Kraftakt. Das tägliche Training. Der Abschied in der Kita klappt momentan wieder gut. Ich bin so leicht und gelöst, wenn das Kind gut ankommt. Es macht einen riesigen Unterschied für mich. Der Tag verläuft unaufgeregt. Die lange Dienstagsbesprechung. Ich bin nicht bei der Sache. Muss erst wieder in eine Routine finden mit meinen Patienten. Die Fehlzeiten der letzten Wochen erzeugen eine Distanz in der Therapie. Beziehung ist die Grundlage in einer Therapie. Ist die therapeutische Beziehung wackelig, wird

Playmo-Kiste

Der Besitzer der Wohnung, der im Nachbarhaus wohnt, schenkt uns heute 5 große Boxen Playmobil. Die Sammlung seiner Kinder. Die Kinder sind groß. Er will nichts dafür haben. Es soll "bespielt" werden. Mein eigenes Playmobil, oder "unseres" - ich habe viele Geschwister - ist bei einem unglücklichen, überstürzten Auszug aus einem Haus verloren gegangen und das hat mir bis heute leid getan. Bis heute. Heute haben wir einen richtigen Schatz bekommen. Unglaublich viel. Fahrzeuge, eine Burg, Boote, Figuren, ein Schloss. Das herrliche Kind und ich sichten, ich wische den gröbsten Dreck ab. Er läuft zwischen den Kisten hin und her, kann es nicht fassen. Schiebt Autos hin und her, hält einen riesigen Hubschrauber an sich gedrückt. Es ist so viel, dass wir überwältigt sind. Ich werde 4 Boxen erstmal auf den Dachboden stellen, nach und nach werden wir es integrieren. Ich muss Platz dafür schaffen. Kein Teil soll untergehen in der Fülle. Ich muss jetzt weiter sortier

Das Bild

Den ganzen Tag trage ich mein eigenes Bild von der Bergstraße im Schnee mit mir herum. In mir, ganz deutlich. Zuvorderst in meinem Kopf heute. Dieses Bild. Kalt ist es heute. Nasskalt, feucht, windig. Wir drehen morgens unsere Runde, das herrliche Kind auf dem Bobbycar, ich zu Fuss. Ich denke an Winterabende in Österreich. Denke an die trockene Kälte, die auch wenn es wirklich saukalt ist, irgendwie angenehm ist. Klirrend. Klar. Ich denke an Schnee unter den Füßen, der knarrt. Knarzt. Daran, wie still es ist im Winter im Wald. Diese Bergstraße führt durch den Wald. In meinem Bild. Und dämmrig ist es. Ich stehe vor dem Auto, das hängen geblieben ist. Bin ausgestiegen. Kalt und still ist es. Der Schnee knarrt unter meinen Füssen. Ich stehe da und atme. Atme diese wunderbare trockene Winterkälte, diese Nachtluft ein. Bin vollkommen ungestört hier. Nicht einmal ein eigener Impuls, ein Plan, ein inneres Ziel stört. Ich habe keins. In diesem Moment draußen. Stehe ich ein

Ich träume

Ich träume momentan sehr intensiv. Oder erinnere mich wieder an meine Träume. Und immer träume ich das selbe. Immer das selbe Gefühl. Als säße ich in einem Auto, abends, im Winter, auf einer Bergstraße und hänge fest im Schnee. Und trete immer weiter aufs Gaspedal, obwohl die Räder schon lange durchdrehen. Ich träume vom Hängen an einer Liebesgeschichte, die so nicht existiert. Träume von meinen vergangenen Beinahe-Liebesgeschichten, die alle eines gemeinsam hatten: mich und mein Festhalten und Anklammern an einer Vorstellung von. Einem Mann. Einer Situation. Einer Beziehung. Und dem Nicht-Sehen-Wollen oder Nicht-Sehen-Können, wer da wirklich vor mir steht und in welchen Zusammenhängen. Immer ähnliche Konstellationen. Männern, die nicht frei sind, die nicht an mir interessiert sind, die nicht an Beziehung an sich interessiert sind. Und ich mit diesem Gefühl, unbedingt den Kontakt herstellen zu müssen. Dieses Bemühen. Das Umkreisen. Das Mich-Sichtbar-Machen wollen, unbed

Nachtrag 15.11.

Eingeschlafen. Aber im eigenen Bett und beim Doku-Gucken. Ich habe geträumt. Später mehr.

Das ist der Anfang

Es ist 18.30, das herrliche Kind sitzt neben mir in meinem Bett und darf am Laptop Feuerwehrmann Sam gucken. Ich schreibe. Fühle mich so wohl zu Hause. C. war da, zum ersten Mal. Sie kommt jetzt jede 2. Woche und macht sauber. Und obwohl ich dafür eigentlich nicht wirklich Geld übrig habe, ist das eine unglaublich gute Investition. Hier ist es so sauber. Es ist so gründlich geputzt. Es ist so gemütlich und freundlich und behütet hier, alles ein kleines bißchen anders, die Decke länglicher gefaltet, im Badezimmer alles einen Zentimeter verschoben, der Lappen in der Küche liegt woanders. Und genau das macht diese Sauberkeit so fürsorglich. Ich war es nicht. Jemand war hier und hat alles für uns schön gemacht. C. ist Ende 50, Italienerin, ist fest entschlossen, tatkräftig und lebenstüchtig. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, ich liebe sie. Sie ist jetzt in meinem Team. Sie hilft. Ganz enorm. Viel mehr als 2-wöchentlich. C. fühlt sich verantwortlich, alles in Ordnung zu bringen u

Randvoll

Heute Nachmittag, in der Küche, das Kind spielt mit Duplo unter dem Tisch und ich backe, wird mir auf einmal bewusst, dass ich glücklich bin. Ich bin froh. Bin wieder froh. Und zwischendurch, so wie heute, bin ich glücklich. Wir sind zu Hause. Endlich. Ich bin zum ersten Mal seit 28 Jahren wieder zu Hause. Ich bin so gerne mit dem herrlichen Kind. Meine Freundinnen sind wunderbar. Mein Job ist gut. Und ich bin frei. Frei von. Frei zu. Mein Herz hängt nicht an. Es ist frei. Und randvoll.

Tage wie dieser

Zum ersten Mal schläft das herrliche Kind bis kurz vor 8 Uhr morgens. Und ich auch. 2 Jahre, 5 Monate und 6 Tage war das nicht vorstellbar. Heute also. Schlafen wir uns richtig aus. Das herrliche Kind macht gegen 8 Uhr die Augen auf und sagt "Hause bleiben, Bett bleiben". Heute hat die Kita einen Ausflug in die Oper geplant, Abfahrt um 8.45 Uhr. Ich liege im Bett und überlege, ob ich das Kind mit zum Strukturtag in die Klinik nehmen kann oder ob ich noch ein Mal fehlen kann und mit ihm zu Hause bleiben. In 20 Minuten fertig zu sein ist völlig unrealistisch. Das herrliche Kind sagt mit Nachdruck "nicht Kindergarten". Mein Mut sinkt. Einfach im Bett bleiben. Einfach. Nicht aufstehen. Ich koche Kakao und Kaffee, trinke zwei große Schlucke und sage mir, wir schaffen das. Ich fange heute eine Stunde später an im Krankenhaus, wir haben Strukturtag. Also schaffen wir das. Ich lasse "König der Löwen" laufen auf meinem Telefon und lasse das Kind Sc

Um 23 Uhr

Um 23 Uhr wache ich neben dem herrlichen Kind auf. Bin verquollen, ausgetrocknet, zerlegt. Keine Zeit für mich heute. Im Kühlschrank ist der Keksteig, wollte backen. Und dabei einen Film gucken. Stehe kurz in der Küche. Soll ich noch? Meine Nase ist zu. Halskratzen. Ab ins Bett. Ich schmiere meine Stelle am Fuss mit der Spezialfeuchtigkeitscreme ein, die mir die sehr schwangere Hautärztin gegeben hat. Es ist eine Hornhaut vom Drauf-Sitzen, auf dem Boden. Eine weitere kindbedingte Körperveränderung. Gegen die ich jetzt vorgehe. Bis zum Frühling möchte ich wieder schöne Füsse haben. Uns jetzt schlafen. Damit ich bis zum Frühling nicht noch mehr Falten habe. Over and Out.

Morgen wieder Normalbetrieb

Morgen wieder Normalbetrieb. Ich würde gerne noch länger einfach nur die Mama sein. Diese Woche war sehr aufschlussreich. Hat eine ganz neue Vertrautheit und Sicherheit gebracht. Zwischen dem Kind und mir. Ich habe bemerkt, dass ich viel klarer sein kann, viel konsequenter, wenn ich Zeit habe mit meinem herrlichen Kind. Wenn wirklich genug Zeit zur Verfügung ist. Ich bin gerne mit ihm. Gerne um ihn. Es gibt natürlich viele kleine Konflikte, Launen, Testballons, Gefühlsausbrüche. Er ist 2,5 Jahre alt. So muss das sein. Ich bin gelassener. Kann besser unterscheiden zwischen dem, was er will und dem, was er braucht. Kann mich unbeliebt machen bei ihm ohne Unbehagen, kann es liebevoll tun. Kann ihn dadurch auffangen in seinem Frust. Wenn ich nur. Genau da dran bleiben könnte jetzt. Für ein oder zwei weitere Wochen. Ich bin wenig motiviert morgen wieder Ärztin zu sein. Der letzte Monat war eine Katastrophe. So viele Fehlzeiten. Ich bin so aus dem Takt. Habe keinen Überblick.

Familientag

Familientag heute. Zu dritt. Wir treffen uns ungefähr auf halbem Weg zwischen unseren Wohnungen. Der herzvolle Vater wollte früh zu uns kommen, war nicht früh genug da. An manchen Tagen ist es entscheidend, raus zu kommen. Rechtzeitig. Bevor die Stimmung kippt beim Kind, und in Folge bei mir. Wir spazieren vormittags durchs Viertel. Essen Leberkäs-Semmerl beim Klinik Bäcker und gucken uns Rettungswagen an. Essen dann leider noch Frankfurter Kranz, ein absoluter Irrsinn aus Fett und Zucker. Aber der Bäcker hat diese riesige Torte in der Vitrine stehen und wir sind alle drei gleichermaßen fasziniert. Am meisten isst das herrliche Kind. Auch davon sind wir fasziniert und machen Fotos. Schicken sie an die schöne Godi, meinen Bruder. Irgendwie wie immer. Wir beide und die beiden in Österreich. Wir vier irgendwie. Tut gut, dass wir das einfach geblieben sind. Dann gehen wir zurück, der herzvolle Vater biegt ab zum Einkaufen, das Kind und ich gehen schon vor, nach Hause. Haben gelernt

Eine Stelle

Ich entdecke heute eine Stelle an mir. Am Fuß. Am linken Knöchel, vorne links, außen. Die ist so groß wie ein 2-Euro-Stück und rauh. Irgendwie erhaben. Ganz merkwürdig. So wie nicht meine Haut. Ich erinnere mich, dass mir im Sommer schon mal aufgefallen ist, dass meine Haut da rauher ist. Auf der anderen Seite, an genau der selben Stelle, ist die Haut auch ein bißchen rauh. Also wohl. Aufrauhung. Durch den Schuh. Durch das Sitzen auf dem Boden auf meinen Füssen. Wahrscheinlich sowas. Abnutzung. Alters-Verhornung. Als das herrliche Kind eingeschlafen ist, google ich Hautkrebs, Plattenepithel Karzinom. Das 4. Bild sieht genau so aus. Mein Herz bleibt stehen. Ich sehe mir 480 Bilder von keratinisierenden Plattenepithelkarzinomen an. Sehen alle unterschiedlich aus. Eines aber genau so. Online kann man einen Termin vereinbaren, in der schicken, sauteuren Privat-Dermatologie-Klinik und ich vereinbare einen Termin für Montag. 14 Uhr. Ich glaube nicht, dass. Aber natürlich wäre

Fieberfrei

Fieberfrei. Wir gehen morgens einkaufen. Schauen in einem Spielzeug Geschäft zwei Blocks weiter alles, alles an, was es da zu sehen gibt. Suchen Dinge aus, die der Nikolaus bringen könnte. Bekommen einen Gasluftballon. Das herrliche Kind verweigert partout, ihn am Handgelenk festzubinden. Natürlich ist er 4 Minuten später weg. Das Kind nimmt es gelassen. Wir rutschen. Wir kochen. Mittagsschlaf. Dann Jause und ein bißchen fernsehen, ich backe Kokosbusserl, die mag der herzvolle Vater. Wir machen Musik an, tanzen. Rennen hunderttausend Mal um den Esstisch, das Spiel heißt Rundherum und das herrliche Kind lacht sich tot. Baden. Abendessen. Flasche trinken. Dann kein Buch lesen, heute nicht. Er will ins große Bett. Hörbuch hören. Schläft kurz vor 20 Uhr ein in meinem Bett. Es ist schön zusammen. Es ist ein ständiges Anleiten, Ermutigen, Bitten, Ermahnen, Motivieren, Raum geben, Halt geben, Hand geben, Brezel geben, Flaschi geben. Acht geben. Es ist ja nicht besonders viel z

Falling In and Out

Falling In and Out. Heute beim Spazieren mit dem herrlichen Kind wird mir bewusst, wie sehr das meine Realität beschreibt seit seiner Geburt. Gerade liege ich auf 90cm neben ihm, schreibe unter der Decke um ihn nicht zu stören. Er schnarcht ein bißchen. Schmatzt ein bißchen. Ich bleibe den Rest der Woche mit ihm zu Hause, er soll sich erholen, ganz gesund werden. Sind in einer Blase. Bestimmt durch das Fieber, das kommt und geht. Wir treffen niemanden. In den letzten 48 Stunden ist mein Gespräch mit einem Erwachsenen auf "Mit EC Karte bitte."  beschränkt. Und Sprachnachrichten. Wie im ersten Jahr. Der nasskalte November ist nicht optimal, wir können nicht lange raus. Vormittags zelebrieren wir den Einkauf beim Supermarkt 1,5 Bushaltestellen entfernt. Hallo Welt. Wir gucken nur. Bleiben in unserer Blase. Ganz klar In. Die Arbeit bleibt liegen. Ich schaffe derzeit keine Kontinuität für meine Patienten, versuche nicht daran zu denken. Auch nicht daran, dass ich m

Fieber

Kein Fieber mehr morgens. Eine ruhige Nacht. An den Armen und Beinen erkenne ich noch einen Ausschlag. Unspezifisch. Ein Teil meines Gehirns ist erleichtert, kein Fieber mehr, das herrliche Kind isst und trinkt und spielt. Der andere Teil meines Gehirns sagt, woher kommt der Ausschlag, ist die Lunge wohl auch wirklich frei, hat er oder hat er nicht ein etwas geschwollenes Gesicht? Wir gehen zum Kinderarzt. Das verläuft bizarr. Der Kinderarzt war schon vor 2,5 Jahren merkwürdig und kautzig. Kränkbar, unwirsch, gleichzeitig überemotional, ständig den Tränen nahe. Heute verdrehen sich die Rollen. Innerhalb weniger Sekunden. Bin ich dort nicht mehr die Mama eines kranken Kindes sondern Psychiaterin, allerdings auf verlorenem Posten. Ich sage ihm, dass mein Kind Fieber hatte und jetzt noch einen Ausschlag auf Armen und Beinen hat und leicht geschwollene Augen-Lider. Ich sage, eventuell bin ich ganz umsonst hier, aktuell ist er fieberfrei und das könnte ja einfach ein Virusexanthem

Nicht zu lösen

Nachts habe ich mein fieberndes Kind über zwei Stunden im Arm gehalten, habe gesungen, habe die Decke regelmäßig umgedreht, die kühle Seite nach innen. Bin jetzt in der Notaufnahme. Müde, zerknittert. Aber ich konnte eine Vertretung für die letzten drei Stunden organisieren. Um 17 Uhr ist hier für mich Schluss. Dann kann ich nach Hause, den herzvollen Vater ablösen und das herrliche Kind mit vielen, vielen Küsschens ins Bett bringen. Morgen bleibe ich mit ihm zu Hause. Er ist krank. Muss sich erholen. So weit, so gut. Meine Patienten kommen zu kurz. Es gibt keine gute Lösung. Nur entweder / oder. Das herrliche Kind hat nur mich. In dieser Situation. Ich bleibe also mit ihm zu Hause. Der Dienst vergeht schnell. Es ist so viel leichter 8 Stunden zu schaffen anstatt 12. Und trotzdem. Bin auch ich jetzt geschafft. Ich sehe es im Klinik System: der Nachtdienst in der Notaufnahme hatte eine ruhigere Nacht als ich zu Hause. Doppelbelastung. Doppelschicht. Halbe Leistung. U

Kompromiss

Heute wage ich einen Kompromiss. Gebe mir eine Stunde, in der ich mir das ermögliche, was gestern nicht möglich war: mir in Ruhe das Friseur Zeugs aus den Haaren waschen, Rumkugeln machen um den Keksbestand aufzubauen, Buchteln machen weil ich Lust darauf habe, aufräumen. Damit das klappt, in Ruhe und mit der nötigen Genauigkeit, trotz herrlichem Kind, schalte ich eine Stunde Feuerwehrmann Sam am Laptop ein. Etwas, was ich eigentlich nicht tue. Eine Stunde fernsehen ist zu lange, morgens fernsehen geht gar nicht, sagt die Mutter in mir. Heute mache ich eine Ausnahme. Kompromiss. Mich für eine Stunde wichtiger nehmen als meine Vorstellung von Erziehung. Es klappt unfassbar gut. Richtig, richtig gut. Ich schaffe mein 3 Stunden Programm in einer. Und das Kind, das sein Glück anfänglich kaum fassen konnte, hat nach 45 Minuten fernsehen keine Lust mehr, will baden, beschäftigt sich in der Wanne für eine ganze weitere Stunde. Ich trinke Kaffee, lese die Zeitung, höre ihn singen.

Ein neues Buch

Der Plan war: morgens kommt der herzvolle Vater und geht mit dem herrlichen Kind schwimmen und ich bleibe zu Hause. Die ganze Woche habe ich überlegt, was ich dann mache. Mit meiner Zeit. Ich mit mir. In welcher Reihenfolge ich meinen Wurschtelkram zelebriere. Habe überlegt, raus zu gehen und mich zu einem Frühstück auszuführen, eventuell mit Lippenstift und Kleidchen; oder im Gegenteil mit Gesichtsmaske im Pyjama Zuhause zu bleiben. Alleine. Ungesehen. Ganz und gar für mich. Habe mich gefreut. Alleine Zeit. Nur ich. Es ist nichts daraus geworden. Die beiden sind hier geblieben. Und ich war nur alleine einkaufen. Es ist anstrengend zu dritt. Das herrliche Kind überdreht. Es scheint, als wollte er dem Vater zeigen, was er alles kann.  Gleichzeitig lässt er mich keine Minute, keinen Meter, keinen Handgriff nach meiner Vorstellung gestalten. Anstrengend ist es. Wir versuchen alles, das Kind bleibt herrisch, laut, unwillig. Ich erinnere mich an einen Sonntag, kürzlich erst, der ge

Ich lasse mich morgens impfen

Ich lasse mich morgens impfen, Grippeschutz Impfung. Habe zum ersten Mal richtig Angst davor, krank zu werden. Jetzt. Weiß nicht, wie das ginge. Nur das herrliche Kind und ich in der Wohnung. Muss gesund bleiben. Fühle mich wenig immunstark derzeit. Fühle mich angezählt. So müde. Wieder so müde. Wie vor einem Jahr. Wie vor 2 Jahren. Die Nächte sind schlecht, das liegt an diesem kleinen Bett. Wieder Schlafmangel. Ein ganzer Monat Schlafmangel. Es hängt sich wieder an. An mich. Hängt zwischen mir und dem Rest der Welt. Das Benommen-Sein, Reizbar-Sein, Überfordert-Sein. Ich kann mich nicht leiden so. So eingeschränkt. Beschränkt auf. Die Erschöpfung. 2,5 Jahre Schlafmangel. Nie durchschlafen. Pendeln zwischen wenig und sehr wenig Schlaf. Kurzfristig ein bißchen besser, jetzt wieder sehr wenig Schlaf. An manchen Tagen habe ich das Gefühl, den Verstand darüber zu verlieren. Meinen Verstand wegen dieser allumfassenden, undurchdringlichen, anhaltenden Müdigkeit zu verlieren. Es mach