Kompromiss

Heute wage ich einen Kompromiss.
Gebe mir eine Stunde, in der ich mir das ermögliche, was gestern nicht möglich war: mir in Ruhe das Friseur Zeugs aus den Haaren waschen, Rumkugeln machen um den Keksbestand aufzubauen, Buchteln machen weil ich Lust darauf habe, aufräumen.
Damit das klappt, in Ruhe und mit der nötigen Genauigkeit, trotz herrlichem Kind, schalte ich eine Stunde Feuerwehrmann Sam am Laptop ein.
Etwas, was ich eigentlich nicht tue.
Eine Stunde fernsehen ist zu lange, morgens fernsehen geht gar nicht, sagt die Mutter in mir.
Heute mache ich eine Ausnahme.
Kompromiss.
Mich für eine Stunde wichtiger nehmen als meine Vorstellung von Erziehung.

Es klappt unfassbar gut.
Richtig, richtig gut.
Ich schaffe mein 3 Stunden Programm in einer. Und das Kind, das sein Glück anfänglich kaum fassen konnte, hat nach 45 Minuten fernsehen keine Lust mehr, will baden, beschäftigt sich in der Wanne für eine ganze weitere Stunde. Ich trinke Kaffee, lese die Zeitung, höre ihn singen.
Wir sind um 10 Uhr vormittags beide froh und entspannt.
Er scheint sogar schon wieder müde.
Ist anhänglich.
Will nicht raus, was untypisch ist.
Wir versuchen es trotzdem, bringen den Müll weg, schauen nach den Baggern in der Sandkiste. Er ist wenig interessiert. Gähnt.
Ich lege ihn ein bißchen früher ins Bett, schnuppere an seinen Haaren als er einschläft. Er duftet. Er ist warm. Das wird Fieber.

Er wacht mit Fieber auf.
Nicht alarmierend heiß, aber Fieber.
Ist trotzdem nicht unglücklich, nur sehr anhänglich. Wir bleiben zu Hause. Halten Händchen. Ich habe gar kein schlechtes Gewissen mehr wegen dem Fernsehen - schalte sogar nochmal ein. Ein krankes Kind darf mehr gucken als sonst. Darf essen was es will. Darf auf Mamas Arm den ganzen Tag.
Bin vorbereitet auf einen Rest-Sonntag ausschließlich für mein herrliches Kind. Bin innerlich zurück genommen, fällt mir nicht schwer.
Es wird unerwartet gemütlich und entspannt.
Ich lerne sogar eine halbe Stunde für meinen Facharzt, während er sein eigenes Buch anguckt. Wenn ich mich ihm zuwende, sagt er "Mama lesen", zeigt auf mein Buch, will seines alleine angucken. Aber an mich lehnen will er sich. Schön ist das.

Er geht eine Stunde eher ins Bett.
Ich räume auf.
Morgen kommt der herzvolle Vater, bleibt mit ihm zu Hause.
Ich wünschte, ich könnte zu Hause bleiben. Beim Kind.
Habe eine 12 Stunden Schicht.
Finde es grausam, nicht bei ihm zu sein, wenn er krank ist.
Weiß aber, dass ein Dienst kurzfristig kaum zu besetzen ist.
Ist das die Frau, die da pflichtbewusst zur Arbeit geht? Die Mutter ist das auf keinen Fall.
Oder gibt es auch noch die Ärztin in mir?

Ich hoffe sehr, dass es ihm morgen besser geht. Dass er einen extra Tag mit seinem Papa haben kann. Dass er sich nicht elend fühlt.

Ich hole ihn direkt zu mir ins große Bett.
Um ihm heute näher zu sein.
Für alle Fälle.
Er atmet schneller als sonst. Hat rote Backen. Speichelt. Vielleicht der 375. Zahn.
Ich liege neben ihm und liebe ihn extrastark. Vielleicht hilft es.
Schlaf dich gesund, liebstes, herrlichstes Kind.


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