Ab heute

Das herrliche Kind liegt neben mir in seinem Bett und macht sein Mittagsschläfchen. Wir sind aneinander gekuschelt.
Der Geschirrspüler brummt und plätschert in der Küche, ab und zu höre ich eine Sirene, einen Krankenwagen auf dem Weg in die Klinik um die Ecke. Das Kind schnaubt. Atmet ruhig. Ist ganz entspannt.
Es ist Samstag, wir können Nähe tanken.
So viel Hautkontakt haben, wie wir wollen.
Wir können ungestört und unkommentiert den ganzen Tag miteinander sein.

Heute Morgen, als wir in den riesigen türkisen Flausch-Bademantel eingewickelt Kakao und Kaffee auf dem Küchenfussboden getrunken haben, habe ich beschlossen, dass heute ein "Ab-Heute" ist.
Schluss jetzt.
Genau hier, auf dem Küchenfussboden.
Und los geht's, weiter geht's.
Und zwar ab jetzt.

Erstens: wenn es so ist, dass das herrliche Kind aktuell die neue Situation verarbeitet, dann ist das so. Es ist gut, es ist richtig, es ist ein Glück, dass er Veränderungen verarbeitet.
Mit allem, was dazu gehört.
Traurig sein über die Verluste.
Sich orientieren im Neuen.
Froh sein über die Entwicklung, die Errungenschaften.
Es ist essentiell, das zu beherrschen im Leben. Dieses Adaptieren an die Veränderung.
Und ich werde ihn dabei begleiten. So wie der herzvolle Vater und das große Kind ihn begleiten. Er ist nicht alleine.
Ich bin für ihn da.
Ich sehe ihn.
Er kriegt die Nähe und Geborgenheit, die er jetzt braucht. Und wenn er in den nächsten Wochen überall hin getragen werden will, trage ich ihn. Wenn er keinen Besuch zu Hause mag, bleiben wir unter uns. Wenn er beim Aufwachen nicht alleine sein will, wird er es nicht sein.
Aus. Basta.
Und um ihm Sicherheit zu geben, lasse ich mein Schuldgefühl los und meine Sorge. Das ist nicht hilfreich. Ich lasse das defensive Nachfragen sein, biete ihm genau zwei Optionen, Bobbycar oder Kinderwagen, Brezel oder Mohnbrötchen, malen oder mit den Autos spielen. Mache klare Ansagen. Bleibe gelassen während der Wutausbrüche und sage ihm immer ein Mal mehr, wie lieb ich ihn habe.

Zweitens: ja, ich bin jetzt pleite und verschuldet und habe finanziell kaum Spielraum in den nächsten Monaten.
Ist so.
Macht nix.
Ich werde tun, was nötig ist. Habe eine Excel Tabelle erstellt, dokumentiere die Ausgaben, habe mir ein Wochen-Budget ausgerechnet. Ich überlege mir was es zu Essen gibt, kaufe genau danach ein. Ich bestelle nicht mehr vor Ende des Monats. Ich lege Geld zur Seite für unvorhergesehene Ausgaben.
Da ist im Grunde nichts dabei.
Schon längst hätte ich das lernen können. Lerne ich es eben jetzt.

Drittens: das herrliche Kind entwickelt sich gut. Ich begleite ihn, leite ihn an hier und da, versuche ihn nicht zu stören. Gebe mir Mühe, ihn zu sehen.
Das ist gut genug so.
Ich werde ihm weder etwas abgewöhnen noch etwas antrainieren. Ich befürchte nicht, er könnte mich manipulieren oder ausnutzen. Ich vertraue ihm.

Und Viertens: ich übe ab heute, auch mir wieder zu vertrauen.
Weil.
Alles gut.
Passt schon.


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