"Wie bin ich eigentlich als Baby aus deinem Bauch raus gekommen, Mama?" fragt das herrliche Kind.
Es ist kurz vor 7 Uhr.
Wir waren um 4 Uhr morgens schon einmal wach, sind Gott sei Dank wieder eingeschlafen. Ich liege verdreht und verspannt in den Bademantel verstrickt neben dem Kind.
Mein Rücken. Tut weh.
Spüre, dass die Augen verschollen sind.
Ich habe Durst.
Habe wirr geträumt, angespannt geträumt, dass das Kind und ich den Zug fast verpassen. Habe im Traum das Kind hinter mir her gezogen, gestresst, unter Druck, ohne Überblick darüber, ob ich alles dabei habe; ohne eine Vorstellung davon, was "alles" eigentlich ist.
"Mama, wie bin ich da raus gekommen?" - "Durch meine Scheide." sage ich.
Mache die Augen wieder zu.
Ich möchte eigentlich in keiner Situation Sätze sagen, die "meine Scheide" beinhalten. Schon gar nicht um 7 Uhr morgens. Nicht jetzt.
Das Kind denkt nach. Mehr Fragen formieren sich, ich kann beinahe hören, wie die kleinen Zahnräder in seinem Kopf ineinander greifen.
Ich entscheide mich schnell, dass heute ein Ausnahme Morgen ist.
Greife nach dem Handy.
Tippe auf Youtube "woher kommen Babies" ein und gebe dem Kind das Telefon.
Das kann sein Glück kaum fassen.
Weil, morgens gibt es keine Glotze. Das ist eine der wenigen Regeln. Eigentlich.
Heute schon.
Ich brauche Kaffee.
Ich brauche Unterstützung in kindgerechter Sprache und Sexualkunde.
Und zwar weit weg von meiner, äh, Bikinizone.
Es ist nämlich so.
Ich bin seit zwei Wochen in der Ordination. Im MVZ.
Es ist wunderwunderbar.
Und es ist viel. Ich habe 21 neue Psychotherapie Patienten in 10 Arbeitstagen kennengelernt. Und die 9 mitgebrachten Patienten wieder eingesammelt.
Mein Kopf ist randvoll mit Geschichten.
Mein System ist sehr, sehr voll.
Fremde Gefühle, neue Atmosphären, eigene Assoziationen.
Viele viele halbe Gedanken zu. Fragen nach.
Hinspüren. Herantasten.
Zuhören. Nachhören.
Ich träume nachts wild und chaotisch. Von Patienten.
Ich bin jetzt ein Mal durch.
Durch das Neue.
Ab nächste Woche kommen Menschen zum zweiten Mal.
Zum dritten Mal.
Da beginnt das Wiedererkennen.
Zumindest der Gesichter.
Ich mach uns Apfiradl zum Frühstück.
Das herrliche Kind ist längst bei quietschigen Ritter- und Drachenzeichentrick Filmchen angekommen. Heute lasse ich ihn.
Besser gesagt, heute gönne ich mir das.
Erstmal Kaffee. Essen.
Wach werden.
Den Kopf in Ruhe lassen.
Den Rücken ein bißchen dehnen.
Klar kommen.