Noch 3 Wochen

Noch 3 Wochen. 
Bis. Ohgottohgott. 
D Day.

Bin erschlagen von den letzten Tagen.
Alle meine Patienten habe ich gesehen. 14 Therapiestunden und 2 Stunden Besprechung in 2 Arbeitstagen.
Noch einmal alle sehen. Alles eintüten.
Weil heute das "Lernfrei" begonnen hat.
Die heiße Phase.
Endspurt.

Ich bin zu Hause.
Die Wohnung ist bröselig, wasserfleckig und zahnpastaschmierig im Badezimmer, überall sind Dinosaurier und kleine Autos, Wäschehaufen, Krams, Altpapier Stapel, Tassen mit eingetrocknetem Irgendwas.

Heute stehen substanzgebundene Abhängigkeiten auf dem Lernplan.
Und auf dem Tagesplan steht Selbsterfahrung, schwimmen gehen mit dem herrlichen Kind, aufräumen, Wäsche machen, staubsaugen.

Ich sitze auf dem Rand der Badewanne. Flechte meine Haare und arbeite Öl ein in die Längen. Ich bin so struppig. Zerrupft.
Die Haare stehen vom Kopf ab.
Ich muss dringend mehr trinken. Mindestens 2 Liter Wasser oder Tee. Für das Gehirn.
Ich bin zerknittert.
Knittrig im Gesicht, knittrig im Dekolleté, meine Hände sehen 20 Jahre älter aus.
Müde bin ich.

Der Vormittag rinnt mir durch die Finger.
Ich komm nicht hinterher.
Tue gar nichts.
Wollte jetzt gleich noch schnell.
Tee kochen.
Spielsachen aufräumen.
Waschmaschine füllen.
Badetasche packen.
Mach ich gleich.
Sitze kurz auf dem Bett. Nur kurz sitzen bleiben.
Sitze einen Moment auf dem Boden, nur kurz. Sitzen bleiben.
Oder länger.
Weiß ich nicht genau.

Ich würde gerne sagen, dass ich mich ausgeruht habe.
In Wirklichkeit bin ich wahrscheinlich einfach dort und da sitzen geblieben.
Ohne. Irgendwas.

In der Selbsterfahrung sage ich, dass das Tot-Sein unverhältnismäßig lange ist im Vergleich zum Leben.
Sage, "ich weiß gar nicht, wie ich darauf jetzt komme".

Im Moment schaue ich mir sehnsüchtig und leidenschaftlich Dokumentationen über hochalpine Bergtouren österreichischer Bergsteigern an. Wenn ich zu müde bin für alles andere.
Die Bergsteiger arbeiten sich am Berg ab und zwar auf Leben und Tod und die wirklich hingebungsvollen Bergsteiger sterben dann früher oder später auch dabei. Weil sie das nicht einfach "machen", das Berge-Besteigen, sondern so richtig "sind".
Und ich liebe sie, die österreichischen Bergsteiger. Alles an ihnen. Die vielen Falten im Gesicht. Die wenigen Worte, und wie sie es sagen. Die struppigen Haare.  Und ich liebe die Berge. Jeden Stein und jeden Fels. Und dass es so viel Fels gibt pro Berg. Und ich liebe das Oben-Angekommen-Sein.
Oben hört nämlich der Berg auf, aber der Bergsteiger nicht.
Oben gibt es nichts mehr zu tun.
Nur schauen.
Und ein bißchen sitzen bleiben.
Struppig.
Mit ganz vielen Falten.



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