Schreigesang

Die Sachbearbeiterin der Ärztekammer schreibt, "vorbehaltlich habe ich Ihre Anmeldung zur Facharztprüfung weiter geleitet". Es fehlt eine letzte Unterschrift vom Chefarzt meiner Klinik. Eine Formalität. Ich habe trotzdem Zustände.
Kann jetzt. Bitte Mal.
Endlich.
Himmelarschundzwirn.
Die Chefsekretärin sagt, dass ich die Unterschrift morgen Mittag abholen kann.
Ich gucke an ihr vorbei, das Chefarzt Büro steht offen, niemand da.
Also gut. Ein Tag mehr oder weniger.
Ist jetzt auch schon. Egal ist das.
Was soll's.
Zustände habe ich.

Ich habe von Pater C. geträumt.
Wieder.
Er hat gesungen. Laut, wie immer sehr laut, und ein bißchen trotzig.
Ein fröhliches Lied hat er gesungen.
Ein Volkslied am ehesten, um Lebenswillen und Lebensfreude ist es gegangen. Einfach und eingängig.
Ich wiederhole den Text und die Melodie im Traum. Um es nicht zu vergessen. Lasse im Traum mein Handy mithören, es erkennt das Lied. Zur Sicherheit.
Ich will es behalten.

Beim Aufwachen habe ich es vergessen und fasse nicht, dass ich mich nicht erinnern kann.
Ich denke den ganzen Tag darüber nach, sehe Pater C. vor mir, wie er gesungen hat, höre in mich hinein, hoffe, dass es mir wieder einfällt.
Das tut es nicht.

Ich bin froh, dass Du mich besuchen kommst, Pater C. Dass Du mir vorsingst. Dass Du mir das Richtige vorsingst, vom Frohsein und dem Jetzterstrecht, weil Trotzdem war Dir meistens zu pastellig.
Und ich bin froh, dass Du noch immer so laut bist. 
Sei weiter da. 
Hörst Du? Sei da und veranstalte Schreigesang in mir.


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