Hänschen klein
Letzte Nacht habe ich nicht zu Hause geschlafen. Der herzvolle Vater war beim Kind und ich bei C., meiner Freundin.
Meiner Freundin ohne Kinder. Die in einer wunderschönen Altbauwohnung lebt, wunderschön eingerichtet, luftig, behaglich.
Es ist das erste Mal seit Februar oder Anfang März, dass ich einen Abend und eine Nacht und einen Vormittag für mich habe. Gebraucht habe ich diese Stunden, mit Haut und Haaren.
Zurück gekommen brauche ich sie noch immer, brauche sie eben immer wieder.
Der herzvolle Vater sagt, das machen wir jetzt regelmäßig. Er sagt, das Kind und er wären in einer Kind-Papa-Zuckerwattewolke gewesen. Schickt eine Sprachnachricht, auf der ich das Kind lachen höre und glucksen und brüllen wie ein Löwe und dann wieder kichern.
Es ist nämlich so. Es ist jetzt so weit.
Loslassen.
Das herrliche Kind gedeihen lassen. Nicht mehr ganz so dicht dran sein, nicht mehr so fest drauf sitzen.
Damit. Das Kind wachsen kann.
Damit nicht. Alles an mir ausschließlich nur mit ihm zu tun hat.
Das ist wichtig, richtig, es ist dran.
Es ist kaum zu machen.
In der Selbsterfahrung sage ich Herrn P., meinem Lehranalytiker, dass ich wohl nicht weiter leben könnte, würde ich das Kind verlieren. Ich sage, noch am selben Tag würde ich mir das Leben nehmen. Um bei ihm zu sein, wo auch immer das wäre. Um ihn ins Bett zu bringen, wo auch immer. Um ihn nicht alleine zu lassen. Ich sage, das wäre das einzig Stimmige, sollte ich das Kind verlieren.
Er schweigt.
Sagt dann, dass das, bei aller Liebe, ganz schön viel zu tragen sei für das Kind.
Ich sage, meine größte Sorge, die quälenste Sorge ist, dass es dem Kind an etwas fehlt. Dass er Angst hat, alleine ist, sich verlassen fühlt. Und ich nicht da bin, um ihn zu trösten.
Herr P. schweigt.
Ich auch.
Ich sage, was bliebe denn übrig von mir, wenn Ich-minus-das-Kind zurück gelassen wäre.
Ich habe nicht darum gebeten, so verwachsen zu sein, so zugehörig, so zuständig. Das hat mir auch niemand vorher gesagt.
Jetzt ist es aber so.
Das Mama Baby Ei, wie mein Fräulein Ahorn sagt. War unser Universum. Drei Jahre lang.
Erst exklusiv, mittlerweile mit Unterbrechungen.
Ich möchte ja. Möchte mehr mich. Mehr Zeit und Kraft und Aufmerksamkeit für mich haben. Also wiederhaben.
Aber weg nehmen kann ich die Zeit und die Kraft und die Aufmerksamkeit nicht vom Kind.
Ich wünsche mir, dass das Kind den Zeitpunkt bestimmt. Das Kind soll entscheiden, wann es so weit ist und wie weit "so weit" ist. Und losgehen. Sich die Welt holen.
Ich frage Herrn P., ob das feige ist, dem Kind die ganze Abschiedsverantwortung aufzubrummen.
Er sagt, dass das bekannteste Kinderlied im deutschen Sprachraum sich genau damit beschäftigt. Sagt, Hänschen geht wohlgemut. Kann das gut entscheiden, das Losgehen.
Und dann wäre es an der Mutter.
Ich überlege.
Sage, "ich werde niemals von ihm weg gehen, aber ich werde mir ein Bad einlassen, ein Glas Rotwein einschenken und ein Buch lesen, wenn er los zieht."
Beim nächsten Abschied morgens sage ich zum herrlichen Kind, dass ich jetzt zur Arbeit gehe und dann wieder komme, und dass ich meine Arbeit mag. Das Kind sagt, "die Arbeit ist lieb, Mama". Und winkt zum Abschied, ruft "du kommst wieder, ich hab dich lieb".
Und ich weiß, warum ich für immer zu Herrn P. gehen werde um mich zu sortieren.
Und ich weiß, wierum ich es angehe. Das Loslassen.
Ich schicke das Kind nirgendwo hin, verlasse ihn nicht, das muss ich auch nicht.
Und wenn er losgeht, freue ich mich mit ihm. Zum Beispiel über sein Löwengebrüll und Gekicher mit dem herzvollen Vater.
Und freue mich für mich, zum Beispiel mit meiner Freundin C. Oder beim Frühstück mit mir alleine.
Nach dem Loslassen dürfen die Arme geöffnet bleiben.
Wohlgemut.
So könnte das gehen.
Meiner Freundin ohne Kinder. Die in einer wunderschönen Altbauwohnung lebt, wunderschön eingerichtet, luftig, behaglich.
Es ist das erste Mal seit Februar oder Anfang März, dass ich einen Abend und eine Nacht und einen Vormittag für mich habe. Gebraucht habe ich diese Stunden, mit Haut und Haaren.
Zurück gekommen brauche ich sie noch immer, brauche sie eben immer wieder.
Der herzvolle Vater sagt, das machen wir jetzt regelmäßig. Er sagt, das Kind und er wären in einer Kind-Papa-Zuckerwattewolke gewesen. Schickt eine Sprachnachricht, auf der ich das Kind lachen höre und glucksen und brüllen wie ein Löwe und dann wieder kichern.
Es ist nämlich so. Es ist jetzt so weit.
Loslassen.
Das herrliche Kind gedeihen lassen. Nicht mehr ganz so dicht dran sein, nicht mehr so fest drauf sitzen.
Damit. Das Kind wachsen kann.
Damit nicht. Alles an mir ausschließlich nur mit ihm zu tun hat.
Das ist wichtig, richtig, es ist dran.
Es ist kaum zu machen.
In der Selbsterfahrung sage ich Herrn P., meinem Lehranalytiker, dass ich wohl nicht weiter leben könnte, würde ich das Kind verlieren. Ich sage, noch am selben Tag würde ich mir das Leben nehmen. Um bei ihm zu sein, wo auch immer das wäre. Um ihn ins Bett zu bringen, wo auch immer. Um ihn nicht alleine zu lassen. Ich sage, das wäre das einzig Stimmige, sollte ich das Kind verlieren.
Er schweigt.
Sagt dann, dass das, bei aller Liebe, ganz schön viel zu tragen sei für das Kind.
Ich sage, meine größte Sorge, die quälenste Sorge ist, dass es dem Kind an etwas fehlt. Dass er Angst hat, alleine ist, sich verlassen fühlt. Und ich nicht da bin, um ihn zu trösten.
Herr P. schweigt.
Ich auch.
Ich sage, was bliebe denn übrig von mir, wenn Ich-minus-das-Kind zurück gelassen wäre.
Ich habe nicht darum gebeten, so verwachsen zu sein, so zugehörig, so zuständig. Das hat mir auch niemand vorher gesagt.
Jetzt ist es aber so.
Das Mama Baby Ei, wie mein Fräulein Ahorn sagt. War unser Universum. Drei Jahre lang.
Erst exklusiv, mittlerweile mit Unterbrechungen.
Ich möchte ja. Möchte mehr mich. Mehr Zeit und Kraft und Aufmerksamkeit für mich haben. Also wiederhaben.
Aber weg nehmen kann ich die Zeit und die Kraft und die Aufmerksamkeit nicht vom Kind.
Ich wünsche mir, dass das Kind den Zeitpunkt bestimmt. Das Kind soll entscheiden, wann es so weit ist und wie weit "so weit" ist. Und losgehen. Sich die Welt holen.
Ich frage Herrn P., ob das feige ist, dem Kind die ganze Abschiedsverantwortung aufzubrummen.
Er sagt, dass das bekannteste Kinderlied im deutschen Sprachraum sich genau damit beschäftigt. Sagt, Hänschen geht wohlgemut. Kann das gut entscheiden, das Losgehen.
Und dann wäre es an der Mutter.
Ich überlege.
Sage, "ich werde niemals von ihm weg gehen, aber ich werde mir ein Bad einlassen, ein Glas Rotwein einschenken und ein Buch lesen, wenn er los zieht."
Beim nächsten Abschied morgens sage ich zum herrlichen Kind, dass ich jetzt zur Arbeit gehe und dann wieder komme, und dass ich meine Arbeit mag. Das Kind sagt, "die Arbeit ist lieb, Mama". Und winkt zum Abschied, ruft "du kommst wieder, ich hab dich lieb".
Und ich weiß, warum ich für immer zu Herrn P. gehen werde um mich zu sortieren.
Und ich weiß, wierum ich es angehe. Das Loslassen.
Ich schicke das Kind nirgendwo hin, verlasse ihn nicht, das muss ich auch nicht.
Und wenn er losgeht, freue ich mich mit ihm. Zum Beispiel über sein Löwengebrüll und Gekicher mit dem herzvollen Vater.
Und freue mich für mich, zum Beispiel mit meiner Freundin C. Oder beim Frühstück mit mir alleine.
Nach dem Loslassen dürfen die Arme geöffnet bleiben.
Wohlgemut.
So könnte das gehen.