Frühfrühling

Die Sonne scheint ab Mittag in mein Wohnzimmer. Mein Wohn- / Esszimmer. Ich mache die Balkontüre auf und setze mich auf den Dielenboden.
Im Hinterhof zwitschern Vögel.
Vorne rauscht die Straße, gedämpft.
Die Baustelle einen Block weiter höre ich auch, gedämpft.
Sonne im Gesicht.
Die Vögel.
Die Sonne weiß noch, wie es geht.
Anders als ich.
Ich bin auf eine Art zum ersten Mal.

Jeden Morgen begutachten das herrliche Kind und ich die Babyblätter an der Hecke.
In ein paar Wochen werde ich die Balkonblumen pflanzen.
Werde ich eine Palette und ein Palettenkissen anschaffen zum Drauf-Sitzen, Spielen, Dösen.
Zum Lesen.

Im Gesicht ist mir warm. Die Finger werden kalt.
Ein bißchen noch zurückziehen, verstecken, Serie gucken, mit dem Kind einschlafen.
Ein bißchen noch Winterschlaf.

Und dann kommt wieder ein Sommer.

Ich habe eine Steuerrückzahlung bekommen. Einen Teil davon investiere ich in Schuhe und Kleider.
Zum ersten Mal überhaupt, glaube ich, denke ich dabei an niemanden, nur an mich. Möchte nicht speziell X oder Y gefallen, muss nicht stillen, keine Erwartungen von irgendjemand.
Ich bestelle online, zelebriere das Aussuchen jeden Abend, zwei Wochen lang.
Nicht zu nackt, nicht zu eng.
Farben. Goldene, spitze Halb-Schuhe.
Kleider.
Stoffhosen, die heimlich einen Gummizug haben.

Draußen ist Frühfrühling. Und ich bin irgendwie zum ersten Mal. Bin ein bißchen befangen.

Ich bin die Frau von niemandem.

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