Man kann niemanden gesund lieben
In der Teamsupervision wird beschlossen, dass eine meiner Patientinnen 3 Monate Therapie Pause verordnet bekommt. Als Konsequenz. Weil sie die Abmachungen nicht eingehalten hat. Die grundsätzlichen Vereinbarungen, die mit ihr getroffen wurden. Konkret, die Teilnahme an der Gruppe. Das gehört dazu. DBT heißt Gruppe und Einzeltherapie.
Nachvollziehbar ist das für mich natürlich schon. Das Einhalten der Regeln, das Verbindliche an den Abmachungen. Ist für die Patienten essentiell. Um Sicherheit zu haben, eine Klarheit, eine Struktur im Außen.
Ich möchte aber mit ihr arbeiten. Sie möchte das auch, glaube ich.
Ich möchte sie nicht 3 Monate nicht sehen. Und schon gar nicht möchte ich, dass sie abbricht.
Ich hadere mit der Situation.
Morgen muss ich es ihr sagen. Therapiepause also. Im März dann ein Treffen mit dem Team. Dann hat sie die Chance das Team zu überzeugen, wie sie es schaffen kann. Die Gruppe. Oder sich die Hilfe zu holen, die sie braucht, um die Gruppe durchzuhalten.
Die Supervisorin sagt, nachzugeben würde das dysfunktionale Verhalten der Patientin verstärken und sie am Gesundwerden hindern.
Sagt auch, "man kann niemanden gesund lieben; keinen Patienten, keinen Partner; niemanden."
Ich verstehe es ja. Rein vom Ding her.
Aber.
Frage meinen Lehranalytiker ob das so stimmt. Dass die Liebe, also die Bindung weniger wichtig ist als die Regeln, die Abmachung.
Es macht mich wütend.
Das ist so deutsch. So einfach gedacht. Zu sagen, so ist eben die Regel, das ist so feige und so bequem.
Das Fundament für alles, alles, immer - das ist die Beziehung, die Bindung, die Nähe. Nur so geht Entwicklung.
"Entziehe ich das jetzt der Patientin, die therapeutische Beziehung?", frage ich den Analytiker. Er schweigt heute besonders lange.
Ich sage, "ich hatte gehofft, Sie sagen etwas Kluges dazu".
Er denkt nach.
Sagt dann, "aber es ist doch hier und heute nicht die Patientin, die die Beziehung in Frage stellt und hadert, sondern Sie. Das Problem mit der Regelung haben doch Sie."
Und ich sage ihm, dass ich genau deswegen für immer und ewig zu ihm kommen werde. Weil er so klug ist.
Jawohl. Ich habe ein Problem mit Regeln und Grenzen.
Ich erkenne per se keine Regel an. Es macht mich sogar mißtrauisch, wenn es eine Regel gibt. Ich finde, etwas Sinnvolles muss nicht zu einer Regel gemacht werden. Ist ja auch nicht vorgeschrieben ein- und auszuatmen. Weil es klar ist und richtig und wichtig.
Verkehrsregeln sind gut. Damit sich alle auskennen. Aber wenn keiner kommt, finde ich sie unnötig und gehe bei Rot über die Straße. Ohne Unrechtsbewußtseins. Kommt ja keiner, muss ja nix geklärt werden. Ist also wurscht.
Regeln.
Wenn ich sie durchdenken, diskutieren und verstehen kann, dann finde ich sie gut. Aber dann sind es keine Regeln mehr. Sondern Entscheidungen.
Die Erleichterung im Team, die Regel hoch zu halten, sich daran zu halten, sich darauf zurück zu ziehen in dieser wirklich sehr schwierigen Behandlung der Patientin, hat mich furchtbar wütend gemacht.
Ich muss mir immer die Mühe machen alles durchzuarbeiten und hin und her zu denken, das Einerseits und das verdammte Andererseits.
Das macht mich auch wütend, weil das so anstrengend ist.
Und dass die Patientin unsere Arbeit in der Einzeltherapie gefährdet wegen der blöden Gruppe macht mich wütend.
Kann sie nicht einfach. Hingehen. Meine Güte.
Am wütendsten macht mich, dass Menschen Sätze sagen (und selber glauben) wie:" ja so sind aber nun mal die Regeln, das ist jetzt so."
Ohne dass ein einziger weiterer Gedanke hinterher kommt.
Und dann.
Erfahre ich.
Dass sich ein ehemaliger Patient das Leben genommen hat.
Mitte 30. Verheiratet. Gerade Vater geworden.
Ein unglaublich feiner Mensch.
Und ich bin gar nicht mehr wütend sondern ehrlich verzweifelt, dass das scheinbar wirklich nicht funktioniert, das mit dem Gesund-Lieben.
Nachvollziehbar ist das für mich natürlich schon. Das Einhalten der Regeln, das Verbindliche an den Abmachungen. Ist für die Patienten essentiell. Um Sicherheit zu haben, eine Klarheit, eine Struktur im Außen.
Ich möchte aber mit ihr arbeiten. Sie möchte das auch, glaube ich.
Ich möchte sie nicht 3 Monate nicht sehen. Und schon gar nicht möchte ich, dass sie abbricht.
Ich hadere mit der Situation.
Morgen muss ich es ihr sagen. Therapiepause also. Im März dann ein Treffen mit dem Team. Dann hat sie die Chance das Team zu überzeugen, wie sie es schaffen kann. Die Gruppe. Oder sich die Hilfe zu holen, die sie braucht, um die Gruppe durchzuhalten.
Die Supervisorin sagt, nachzugeben würde das dysfunktionale Verhalten der Patientin verstärken und sie am Gesundwerden hindern.
Sagt auch, "man kann niemanden gesund lieben; keinen Patienten, keinen Partner; niemanden."
Ich verstehe es ja. Rein vom Ding her.
Aber.
Frage meinen Lehranalytiker ob das so stimmt. Dass die Liebe, also die Bindung weniger wichtig ist als die Regeln, die Abmachung.
Es macht mich wütend.
Das ist so deutsch. So einfach gedacht. Zu sagen, so ist eben die Regel, das ist so feige und so bequem.
Das Fundament für alles, alles, immer - das ist die Beziehung, die Bindung, die Nähe. Nur so geht Entwicklung.
"Entziehe ich das jetzt der Patientin, die therapeutische Beziehung?", frage ich den Analytiker. Er schweigt heute besonders lange.
Ich sage, "ich hatte gehofft, Sie sagen etwas Kluges dazu".
Er denkt nach.
Sagt dann, "aber es ist doch hier und heute nicht die Patientin, die die Beziehung in Frage stellt und hadert, sondern Sie. Das Problem mit der Regelung haben doch Sie."
Und ich sage ihm, dass ich genau deswegen für immer und ewig zu ihm kommen werde. Weil er so klug ist.
Jawohl. Ich habe ein Problem mit Regeln und Grenzen.
Ich erkenne per se keine Regel an. Es macht mich sogar mißtrauisch, wenn es eine Regel gibt. Ich finde, etwas Sinnvolles muss nicht zu einer Regel gemacht werden. Ist ja auch nicht vorgeschrieben ein- und auszuatmen. Weil es klar ist und richtig und wichtig.
Verkehrsregeln sind gut. Damit sich alle auskennen. Aber wenn keiner kommt, finde ich sie unnötig und gehe bei Rot über die Straße. Ohne Unrechtsbewußtseins. Kommt ja keiner, muss ja nix geklärt werden. Ist also wurscht.
Regeln.
Wenn ich sie durchdenken, diskutieren und verstehen kann, dann finde ich sie gut. Aber dann sind es keine Regeln mehr. Sondern Entscheidungen.
Die Erleichterung im Team, die Regel hoch zu halten, sich daran zu halten, sich darauf zurück zu ziehen in dieser wirklich sehr schwierigen Behandlung der Patientin, hat mich furchtbar wütend gemacht.
Ich muss mir immer die Mühe machen alles durchzuarbeiten und hin und her zu denken, das Einerseits und das verdammte Andererseits.
Das macht mich auch wütend, weil das so anstrengend ist.
Und dass die Patientin unsere Arbeit in der Einzeltherapie gefährdet wegen der blöden Gruppe macht mich wütend.
Kann sie nicht einfach. Hingehen. Meine Güte.
Am wütendsten macht mich, dass Menschen Sätze sagen (und selber glauben) wie:" ja so sind aber nun mal die Regeln, das ist jetzt so."
Ohne dass ein einziger weiterer Gedanke hinterher kommt.
Und dann.
Erfahre ich.
Dass sich ein ehemaliger Patient das Leben genommen hat.
Mitte 30. Verheiratet. Gerade Vater geworden.
Ein unglaublich feiner Mensch.
Und ich bin gar nicht mehr wütend sondern ehrlich verzweifelt, dass das scheinbar wirklich nicht funktioniert, das mit dem Gesund-Lieben.