Alles falsch gemacht
Alles falsch gemacht heute Vormittag.
Schon wieder alles falsch gemacht.
Es gibt die gelungenen Versionen von uns als 3er Kernfamilie und es gibt die, die komplett daneben gehen.
So wie heute Vormittag.
Ich liege neben dem herrlichen Kind im Bett, es schläft, völlig erschlagen vom Toben.
Meine Arme zittern, Muskelzittern, ich fühle mich wie nach einem 6 Stunden Käfigkampf.
Wir haben nachts nicht besonders gut geschlafen. Das herrliche Kind hat viel geredet im Schlaf, viel gepupst. Ich war jedes Mal wach und länger als nötig wach.
Um 6 Uhr sind wir aufgestanden, ich müde, unscharf orientiert, er maximal grantig.
Eine kleine Auflockerung der Stimmung beim Frühstück machen. Das Kind rührt Zimt und Kardamom in den Apfelhaferbrei und ist sehr stolz. Sagt "ich koche".
Sagt dann "Papa zeigen!", was bedeutet, ich darf die Küche nicht aufräumen.
Ausgemacht war wieder das fatale "gleich morgens" mit dem herzvollen Vater - in meiner Wahrnehmung nun wochenlang besprochen, besser um 8 Uhr, noch besser kurz VOR 8 Uhr, alles was nach halb 9 Uhr passiert strengt das Kind an in seiner Ungeduld, strengt mich an in meiner Ungeduld.
Gewöhnt sind wir es morgens los zu gehen, raus, mit dem Bobbycar. Bleiben wir drinnen wird er übellaunig, laut, stellt alles auf den Kopf.
Der Vater kommt kurz nach 9 Uhr, ich habe schon zunehmend wütende Nachrichten geschrieben. Bin eigentlich schon durch, schon aufgerieben.
Das Kind voller Freude und Anspannung.
Muss raus, sich bewegen.
Wir ziehen zu dritt los.
Ich bin nicht mehr in Stimmung für ein Zeitfenster.
Das Kind möchte auch, dass wir zusammen bleiben. Alle zusammen.
Also gehen wir einkaufen zum Supermarkt mit den Einkaufswagen-Autos. Eine Stunde später als sonst samstags, es ist knallvoll und hektisch.
Wir meistern es gut, aber es ist ein Meistern und kostet Kraft. Uns alle.
Das Kind fährt mit einem neuen. Bobbycar. Es ist größer und schwerer als sein altes. Es ist toll, er meistert die Umstellung ziemlich gut, aber es ist ein Meistern, auch hier.
Wir wollen ihm ein Blaulicht für dieses Super-Bobbycar besorgen. Spazieren zum Spielzeug Laden. Der hat es nicht.
Nehmen todesmutig an einem Vorweihnachtssamstag den Bus in die Innenstadt zu einem anderen Laden. Der hat es nicht.
Es ist unvorstellbar überfüllt. Alles. Überall.
Noch ein anderer Laden könnte es haben. Hat es auch nicht.
Wir sind überfordert von den Massen, vor allem das Kind und ich nach der mittelmäßigen Nacht.
Wollen raus aus dem Shopping Irrsinn.
Der Bus fährt nicht mehr. Eine Weihnachts-Parade ist angekündigt. Wir laufen zur U Bahn. Unnötig zu erwähnen, dass ich das Kind trage und meinen Rucksack, der herzvolle Vater das Bobbycar und seinen Rucksack. Alles ist so schrecklich überfüllt. In die U Bahn passen wir nicht rein. Laufen weiter zur S Bahn. Das Kind sagt "Laut, laut!" und versteckt sich in meinem Mantel.
Ich schwitze. Meine Oberarme brennen.
Wir fahren S Bahn.
Wir steigen um in den Bus, das Kind hat einen Wutanfall im Bus, warum verstehe ich nicht. Also, den Auslöser erkenne ich nicht.
Zuhause ein zweiter Wutanfall. Schlimmer.
Er sagt, "nicht gucken" zum herzvollen Vater, als der ihn anguckt. "Nicht Schuhe ausziehen, nicht Hause gehen!" Und alles andere auch "nicht".
Ich bin total abgekämpft und werde hilflos wütend. Schreie, leider. Schreie irgendwas mit "Schuhe ausziehen jetzt sofort", ziehe ihn unsanft aus. Die Windel ist übergegangen, die Hose nass. In einer Art Ringkampf ziehe ich das Kind aus und mit vereinten Kräften kriegen wir die neue Windel an das Kind. Es tobt und heult.
Sagt "Papa nicht weggehen" und mein Herz, mein Herz brennt, es wird eingeklemmt. Ich könnte mitweinen. Es tut mir so leid. Ich bin so erschöpft.
Ich bin zornig.
Weiß ich doch ganz genau, dass diese Kombination aus Zu Dritt und Zu Viel nach einer schlechten Nacht immer, also jedes Mal genau zu diesen Ausbrüchen führt.
Schon in der alten Wohnung.
Immer.
Ich lege mich aufs Bett und atme. Der Vater bleibt beim Kind. Bringt den armen kleinen Kerl dann zu mir. Ganz verquollen ist er. Schluchzt "Mama".
Schläft sofort ein.
Ich weiß.
Alle Kinder in jeder vorstellbaren Familienkonstellation haben Wutanfälle.
Das herrliche Kind hat wenige.
Umso eindrucksvoller sind sie.
Ich weiß auch, er mochte Abschiede noch nie, von niemandem. Auch schon bevor.
Vor "unserer Situation".
Ich weiß auch, wir haben uns heute Vormittag zu viel zu gemutet.
Einkaufen und nach Hause gehen hätte gereicht.
Und gleichzeitig ist die Lampe wieder an. Die Alarm-Lampe. Die Schuldgefühl-Signal-Lampe.
Ich liege auf dem Bett.
Der herzvolle Vater guckt Fussball im Wohnzimmer.
Haben eben noch kurz besprochen, dass wir den Nachmittag ganz ruhig angehen.
Eigentlich ist nichts los.
Gleichzeitig war gerade alles los, alles was ganz schrecklich ist.
Falsch gemacht haben wir es.
Ich küsse das Kind auf die Backen.
"Ich mach's besser nachher. Ich versuch's."
Lege seinen Butterflöckchen Duft über die Signal-Lampe in mir.
Ausruhen jetzt.
Over and Out.
Schon wieder alles falsch gemacht.
Es gibt die gelungenen Versionen von uns als 3er Kernfamilie und es gibt die, die komplett daneben gehen.
So wie heute Vormittag.
Ich liege neben dem herrlichen Kind im Bett, es schläft, völlig erschlagen vom Toben.
Meine Arme zittern, Muskelzittern, ich fühle mich wie nach einem 6 Stunden Käfigkampf.
Wir haben nachts nicht besonders gut geschlafen. Das herrliche Kind hat viel geredet im Schlaf, viel gepupst. Ich war jedes Mal wach und länger als nötig wach.
Um 6 Uhr sind wir aufgestanden, ich müde, unscharf orientiert, er maximal grantig.
Eine kleine Auflockerung der Stimmung beim Frühstück machen. Das Kind rührt Zimt und Kardamom in den Apfelhaferbrei und ist sehr stolz. Sagt "ich koche".
Sagt dann "Papa zeigen!", was bedeutet, ich darf die Küche nicht aufräumen.
Ausgemacht war wieder das fatale "gleich morgens" mit dem herzvollen Vater - in meiner Wahrnehmung nun wochenlang besprochen, besser um 8 Uhr, noch besser kurz VOR 8 Uhr, alles was nach halb 9 Uhr passiert strengt das Kind an in seiner Ungeduld, strengt mich an in meiner Ungeduld.
Gewöhnt sind wir es morgens los zu gehen, raus, mit dem Bobbycar. Bleiben wir drinnen wird er übellaunig, laut, stellt alles auf den Kopf.
Der Vater kommt kurz nach 9 Uhr, ich habe schon zunehmend wütende Nachrichten geschrieben. Bin eigentlich schon durch, schon aufgerieben.
Das Kind voller Freude und Anspannung.
Muss raus, sich bewegen.
Wir ziehen zu dritt los.
Ich bin nicht mehr in Stimmung für ein Zeitfenster.
Das Kind möchte auch, dass wir zusammen bleiben. Alle zusammen.
Also gehen wir einkaufen zum Supermarkt mit den Einkaufswagen-Autos. Eine Stunde später als sonst samstags, es ist knallvoll und hektisch.
Wir meistern es gut, aber es ist ein Meistern und kostet Kraft. Uns alle.
Das Kind fährt mit einem neuen. Bobbycar. Es ist größer und schwerer als sein altes. Es ist toll, er meistert die Umstellung ziemlich gut, aber es ist ein Meistern, auch hier.
Wir wollen ihm ein Blaulicht für dieses Super-Bobbycar besorgen. Spazieren zum Spielzeug Laden. Der hat es nicht.
Nehmen todesmutig an einem Vorweihnachtssamstag den Bus in die Innenstadt zu einem anderen Laden. Der hat es nicht.
Es ist unvorstellbar überfüllt. Alles. Überall.
Noch ein anderer Laden könnte es haben. Hat es auch nicht.
Wir sind überfordert von den Massen, vor allem das Kind und ich nach der mittelmäßigen Nacht.
Wollen raus aus dem Shopping Irrsinn.
Der Bus fährt nicht mehr. Eine Weihnachts-Parade ist angekündigt. Wir laufen zur U Bahn. Unnötig zu erwähnen, dass ich das Kind trage und meinen Rucksack, der herzvolle Vater das Bobbycar und seinen Rucksack. Alles ist so schrecklich überfüllt. In die U Bahn passen wir nicht rein. Laufen weiter zur S Bahn. Das Kind sagt "Laut, laut!" und versteckt sich in meinem Mantel.
Ich schwitze. Meine Oberarme brennen.
Wir fahren S Bahn.
Wir steigen um in den Bus, das Kind hat einen Wutanfall im Bus, warum verstehe ich nicht. Also, den Auslöser erkenne ich nicht.
Zuhause ein zweiter Wutanfall. Schlimmer.
Er sagt, "nicht gucken" zum herzvollen Vater, als der ihn anguckt. "Nicht Schuhe ausziehen, nicht Hause gehen!" Und alles andere auch "nicht".
Ich bin total abgekämpft und werde hilflos wütend. Schreie, leider. Schreie irgendwas mit "Schuhe ausziehen jetzt sofort", ziehe ihn unsanft aus. Die Windel ist übergegangen, die Hose nass. In einer Art Ringkampf ziehe ich das Kind aus und mit vereinten Kräften kriegen wir die neue Windel an das Kind. Es tobt und heult.
Sagt "Papa nicht weggehen" und mein Herz, mein Herz brennt, es wird eingeklemmt. Ich könnte mitweinen. Es tut mir so leid. Ich bin so erschöpft.
Ich bin zornig.
Weiß ich doch ganz genau, dass diese Kombination aus Zu Dritt und Zu Viel nach einer schlechten Nacht immer, also jedes Mal genau zu diesen Ausbrüchen führt.
Schon in der alten Wohnung.
Immer.
Ich lege mich aufs Bett und atme. Der Vater bleibt beim Kind. Bringt den armen kleinen Kerl dann zu mir. Ganz verquollen ist er. Schluchzt "Mama".
Schläft sofort ein.
Ich weiß.
Alle Kinder in jeder vorstellbaren Familienkonstellation haben Wutanfälle.
Das herrliche Kind hat wenige.
Umso eindrucksvoller sind sie.
Ich weiß auch, er mochte Abschiede noch nie, von niemandem. Auch schon bevor.
Vor "unserer Situation".
Ich weiß auch, wir haben uns heute Vormittag zu viel zu gemutet.
Einkaufen und nach Hause gehen hätte gereicht.
Und gleichzeitig ist die Lampe wieder an. Die Alarm-Lampe. Die Schuldgefühl-Signal-Lampe.
Ich liege auf dem Bett.
Der herzvolle Vater guckt Fussball im Wohnzimmer.
Haben eben noch kurz besprochen, dass wir den Nachmittag ganz ruhig angehen.
Eigentlich ist nichts los.
Gleichzeitig war gerade alles los, alles was ganz schrecklich ist.
Falsch gemacht haben wir es.
Ich küsse das Kind auf die Backen.
"Ich mach's besser nachher. Ich versuch's."
Lege seinen Butterflöckchen Duft über die Signal-Lampe in mir.
Ausruhen jetzt.
Over and Out.