Wieder Dienst
Wieder Dienst. Notaufnahme.
Ein Patient arbeitet in der Anästhesie in einem anderen Haus und kommt mit einem Set aus Infusionsbesteck, Medikamenten und venösen Zugängen, mit dem er sich das Leben nehmen wollte.
Ein Patient muss auf der Intensivstation gesehen werden, hat einen Verkehrsunfall verursacht, wahrscheinlich in suizidaler Absicht. Dass der andere Fahrer tot ist, weiß er noch nicht.
Ein Patient muss auf Station gesehen werden, hat sich mit Messerstichen in den Bauch selbst verletzt, wollte nicht sterben nur die Spannung abbauen.
Morgens hat mir das herrliche Kind gewunken und "Tschüss Mama" gesagt, keine Träne, bester Stimmung. Waren draußen im Hinterhof, 20°C und sonniggoldenem Herbstwetter. Ich bekomme Videos vom herzvollen Vater. Das Kind auf der Rutsche, klettert alleine hoch, rutscht alleine, ist stolz. Das Kind in der Sandkiste, singt laut. Gemeinsam mit dem großen Kind beim Buch angucken.
Ein Patient wird konsiliarisch von den Internisten vorgestellt, ist 70 Jahre alt, hört wohl seit 40 Jahren Stimmen, sagt, es störe nicht mehr, er würde gar nicht mehr zuhören, wünscht keine Behandlung.
Ein Patient, Anfang 20, ohne Versicherung, ohne Aufenthaltsgenehmigung, verdient sein Geld mit Massagen, kommt mit einer Panikattacke.
Ein Patient hat sich den Hals aufgeschnitten und versteht selbst nicht mehr, warum. Muss operiert werden, die Luftröhre ist verletzt.
Ein Patient will aufgenommen werden. Deutet an, er könnte sonst. Eventuell. Sagt, seit ein paar Wochen nehme er keine Drogen mehr, Heroin, Kokain, Alkohol, Opiate, das sei alles raus. Jetzt müssen es bitteschön um seine Depression gehen. Er wolle ein Präparat bekommen, das richtige Präparat.
Das herrliche Kind hat Mittagsschlaf gemacht, gemeinsam mit seinem Vater und auch das große Kind hat geschlafen. Alle zusammen in seinem Zimmer, auf Bett und Boden. Dann Besuch vom besten Freund des herrlichen Kindes. Volles Haus. Nudeln für alle. Die Kinder schieben Autos durch die Wohnung. Auf dem Video plappert mein herrliches Kind und sieht froh aus.
Ein Patient kommt in Begleitung des Krisenintervention Teams, nachdem er seinen Partner in der gemeinsamen Wohnung gefunden hat, der sich dort das Leben genommen hat.
Ein Patient bittet um stationäre Aufnahme weil die Depressionen wieder so schlimm geworden wären, dass ein Suizid der einzige Ausweg zu sein scheint. Die Stationen sind überbelegt, ich werde den Patienten morgen anrufen und hoffentlich ein Bett noch diese Woche organisieren können.
Akutpsychiatrie ist kalt und grausam, sagt meine beste Freundin und Kollegin. Das stimmt. Es ist ein Sichten und Kategorisieren. Mit dem Rechen fuhrwerken. Grob sortieren. Grob und von außen. Jemand kommt mit seinen Abgründen und wir fuhrwerken. Und entscheiden irgendwas. Und leiten weiter, dorthin, dahin. Werden niemandem gerecht. Den Patienten nicht. Ihren Geschichten nicht. Ihren Angehörigen nicht. Uns selber nicht.
Ich sitze in der Küche auf dem Boden und esse zwei Käsebrote und trinke einen halben Radler.
Endlich Zuhause.
Hier war alles gut.
Der herzvolle Vater ist gegangen.
Das herrliche Kind schläft.
Ich werde jetzt mein Gesicht waschen, mehr geht nicht mehr heute. Und dann ab ins Bett. Nur Mama sein. Die nächsten 11 Stunden. Einfach nur Mama sein.
Ein Patient arbeitet in der Anästhesie in einem anderen Haus und kommt mit einem Set aus Infusionsbesteck, Medikamenten und venösen Zugängen, mit dem er sich das Leben nehmen wollte.
Ein Patient muss auf der Intensivstation gesehen werden, hat einen Verkehrsunfall verursacht, wahrscheinlich in suizidaler Absicht. Dass der andere Fahrer tot ist, weiß er noch nicht.
Ein Patient muss auf Station gesehen werden, hat sich mit Messerstichen in den Bauch selbst verletzt, wollte nicht sterben nur die Spannung abbauen.
Morgens hat mir das herrliche Kind gewunken und "Tschüss Mama" gesagt, keine Träne, bester Stimmung. Waren draußen im Hinterhof, 20°C und sonniggoldenem Herbstwetter. Ich bekomme Videos vom herzvollen Vater. Das Kind auf der Rutsche, klettert alleine hoch, rutscht alleine, ist stolz. Das Kind in der Sandkiste, singt laut. Gemeinsam mit dem großen Kind beim Buch angucken.
Ein Patient wird konsiliarisch von den Internisten vorgestellt, ist 70 Jahre alt, hört wohl seit 40 Jahren Stimmen, sagt, es störe nicht mehr, er würde gar nicht mehr zuhören, wünscht keine Behandlung.
Ein Patient, Anfang 20, ohne Versicherung, ohne Aufenthaltsgenehmigung, verdient sein Geld mit Massagen, kommt mit einer Panikattacke.
Ein Patient hat sich den Hals aufgeschnitten und versteht selbst nicht mehr, warum. Muss operiert werden, die Luftröhre ist verletzt.
Ein Patient will aufgenommen werden. Deutet an, er könnte sonst. Eventuell. Sagt, seit ein paar Wochen nehme er keine Drogen mehr, Heroin, Kokain, Alkohol, Opiate, das sei alles raus. Jetzt müssen es bitteschön um seine Depression gehen. Er wolle ein Präparat bekommen, das richtige Präparat.
Das herrliche Kind hat Mittagsschlaf gemacht, gemeinsam mit seinem Vater und auch das große Kind hat geschlafen. Alle zusammen in seinem Zimmer, auf Bett und Boden. Dann Besuch vom besten Freund des herrlichen Kindes. Volles Haus. Nudeln für alle. Die Kinder schieben Autos durch die Wohnung. Auf dem Video plappert mein herrliches Kind und sieht froh aus.
Ein Patient kommt in Begleitung des Krisenintervention Teams, nachdem er seinen Partner in der gemeinsamen Wohnung gefunden hat, der sich dort das Leben genommen hat.
Ein Patient bittet um stationäre Aufnahme weil die Depressionen wieder so schlimm geworden wären, dass ein Suizid der einzige Ausweg zu sein scheint. Die Stationen sind überbelegt, ich werde den Patienten morgen anrufen und hoffentlich ein Bett noch diese Woche organisieren können.
Akutpsychiatrie ist kalt und grausam, sagt meine beste Freundin und Kollegin. Das stimmt. Es ist ein Sichten und Kategorisieren. Mit dem Rechen fuhrwerken. Grob sortieren. Grob und von außen. Jemand kommt mit seinen Abgründen und wir fuhrwerken. Und entscheiden irgendwas. Und leiten weiter, dorthin, dahin. Werden niemandem gerecht. Den Patienten nicht. Ihren Geschichten nicht. Ihren Angehörigen nicht. Uns selber nicht.
Ich sitze in der Küche auf dem Boden und esse zwei Käsebrote und trinke einen halben Radler.
Endlich Zuhause.
Hier war alles gut.
Der herzvolle Vater ist gegangen.
Das herrliche Kind schläft.
Ich werde jetzt mein Gesicht waschen, mehr geht nicht mehr heute. Und dann ab ins Bett. Nur Mama sein. Die nächsten 11 Stunden. Einfach nur Mama sein.