Trennung passiert in Wellen

Trennung passiert in Wellen.
Gestern und heute wieder hohe Wellen.  Waschgang.
Der herzvolle Vater hat mir gestern seine neue Wohnung gezeigt. Sie ist 3 Häuser weiter, auf der anderen Seite der Kreuzung, quasi nebenan, gleich bei der Kita. Er wollte im Viertel bleiben.
Die Wohnung ist riesig. Schön. Unter dem Dach. 3 Zimmer. Er wird ein Schlafzimmer haben, ein Wohnzimmer, ein Arbeitszimmer. Kein Kinderzimmer.
"Er wird vorerst nicht hier schlafen", sagt der Vater.
"Nein?" frage ich.
"Das wollten wir doch nicht, dass er pendelt", sagt der Vater.
Das stimmt. Kein Pendelkind. Das haben wir beim großen Kind gesehen. Was das anrichten kann.
Ich frage, wie er es sich vorstellt, der Vater. Wenn doch einmal eins der Kinder bei ihm schlafen will. Er sagt, das Sofa könne man ausziehen.
Kein Kinderzimmer, keine Spielsachen. Er werde Bücher haben, Kinderbücher. Etwas zum Malen. Wolle aber viel draußen sein. Mit dem herrlichen Kind. Und im Winter zum Kinderturnen, zum Schwimmen.
Ein Zuhause soll es haben, das herrliche Kind. Nur eines.
Und wenn ich Schichtdienst habe, legt der Vater ihn ins eigene Bett. Bei mir wird dieses Zuhause sein. Nur da.
Ich kann nichts erwidern.
Wir haben das besprochen. Dass wir das Kind nicht entwurzeln wollen. Nicht auf die Reise schicken hin und her.
Kein Kinderzimmer also. In seiner neuen Wohnung.
Kein Zimmer mit Dingen, die zum herrlichen Kind gehören, wenn das nicht da ist.
Ich brauche 24 Stunden, um es zu durchdenken, es durchzuspüren. Erst verstehe ich es nicht. Bin betroffen. Bin getroffen. Es fühlt sich an wie eine Absage ans Vater-sein. Eine Absage an das Teilen der Verantwortung. Er erklärt sich nicht. Keine Worte, auch hier nicht. Jetzt auch keine Worte. Er entscheidet. Sein Raum wird das. Ohne Platz für. Lässt mich wissen. Sagt nicht warum. Sagt nicht was vor geht in ihm.
Ich versuche es alleine zu begreifen. Denke heute, es ist zu schmerzhaft. Ich glaube, ich verstehe. Nicht nocheinmal ein leeres Kinderzimmer in der Wohnung.
Ob meine Erklärung stimmt, wage ich nicht zu fragen. Verstehe nicht, warum ich mich nicht traue. Was schlimmer wäre. Recht zu haben oder Unrecht.
Ich fühle mich schuldig. Wenn es zu schmerzhaft wäre, ist es meine Schuld.
Ich habe doch. Es ausgesprochen, dass wir getrennt sind. Und jetzt muss es so sein. So. Ohne Kinderzimmer.
Weil alles andere nicht geht, ganz offensichtlich. Ich schäme mich.
Die Worte. Kommen mir abhanden. Sobald das Fatale spürbar wird.

Kein Kinderzimmer.
Ich fühle mich auch gefangen. Das heißt auch. Immer. In der Verantwortung.
Nie zu Hause alleine.
Das heißt es für alle Mütter.
Ich weiß.
Ein Abend und eine Nacht Pause geht nur, wenn ich weg fahre. Wie bisher. Wie bei allen Müttern.
Ich schäme mich auch dafür, für diesen Gedanken, dass ich gefangen bin.

Und dann heute.
Ist das große Kind bei uns, überraschend. Für mich überraschend ist es da, als ich aus der Klinik komme. Der herzvolle Vater redet über seine Wohnung. Erzählt von seinen Plänen bezüglich der Beleuchtung. Ich erstarre. Gucke in Richtung des großen Kindes. Der Vater sagt, es wisse es. Ich wage nicht zu fragen, was es weiß. Kann das nicht fragen, vor dem großen Kind. Was. Was weiß es. Dass wir auseinander ziehen. Dass wir getrennt sind. Warum wir getrennt sind.
So getrennt wie noch nie. In diesem Moment.
Der Vater hätte mir Bescheid geben müssen. Sagen, dass er erzählt, was er erzählt.
Hätte.
Unvollständige Kommunikation.
Das Fatalste.
Ich sage gar nichts. Bleibe bei meinem herrlichen Kind. Spiele.
Bin woanders in Gedanken.
Das bedeutet. Heute Abend wissen es alle. Das ganze Umfeld des großen Kindes, die uns nicht wohlgesonnen sind. Nie waren.

Ich denke, ganz genau weiß man erst mit wem man zusammen ist, wenn man sich trennt.
Und ganz genau weiß man erst, wer man ist, wenn man sich trennt.
Und ich denke, das ist meine Schuld. Ich habe es ausgesprochen, dass es nicht mehr geht.
Und jetzt ist es so.

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