Die Tage sind voll

Die Tage sind voll. Und erfüllt.
Die Arbeit ist anstrengend, alle Antennen auf Empfang. Patienten kennen lernen. Sich aufmachen, zurück nehmen, aufmerksam sein. Neue Gesichter, Geschichten, Schwingungen. Das Team kennen lernen. Macht Spaß. Sie sind wirklich gut in dem was sie tun. Ich bin beeindruckt. Noch sind nicht alle aus dem Urlaub zurück. Wir sind die Hälfte. Ich glaube, die lustigere Hälfte. Ich lerne die neue Therapie Methode, DBT. Es ist spannend. Ich habe es im Vorfeld unterschätzt. Für kleinkarierte Klemmbrett Psychologie gehalten. Bin positiv überrascht.
Zuhause ist Umbruch. Erste Möbel zerlegen. Packen. Der herzvolle Vater und ich. Ziehen gemeinsam auseinander. Anders kann man es nicht nennen. Wir sind ein besseres Team als in den letzten beiden Jahren.
Immer wieder, Momente lang, muss ich mich daran erinnern, dass ich großzügig bleibe. Nicht kleinlich, nicht ärgerlich, nicht gierig. Aufteilen. So selbstverständlich, wie er das tut. Die Dinge, die Möbel, sind nur Dinge.

Ohnehin habe ich die Kleinanzeigen für mich entdeckt. Und ein Car-Sharing mit größeren Autos.
Ich habe heute eine todesschwere Vollholz-Kommode Marke Großvatis-Traum, 70er Jahre, dunkles Holz abgeholt. Aus der Vorstadt. Aus einem Wohnzimmer Marke Großvatis-Traum, in einer Großvatis-Traum Musterwohnung. Das Haus der Großeltern. Tatsächlich. Die Möbel Teil eines Gesettelt-Seins, das ich mir gar nicht vorstellen kann. Diese Kommode. Massiv, irgendwie bullig. Von einer unfassbaren Scheußlichkeit eigentlich, klobig. Und dabei sympathisch standfest, solide. Wohn-erfahren. Ich möchte, dass das immer noch relativ neue herrliche Kind und ich, ein absoluter Neuling im Zuhause-Ankommen, ein bißchen Unterstützung bekommen im Wohnen, im Zuhause-sein. Von einigen erfahrenen, verlässlichen, gerne auch spießbürgerlich akzentuierten Möbeln. Über die Kleinanzeigen. Zwischen den neuen, skandinavisch designten und den hippen Shabymöbeln. Ein paar kompetente Möbel.
Dieses Trumm von einer Kommode ist nicht groß, aber wuchtig. Und wird neben der Wohnungstüre wohnen. Türsteher quasi. Und Schuhkommode. Wird auf die Schlüssel aufpassen. Die ungeöffnete Post hüten.
Ich werde sie abschleifen und lackieren. Weiß. Probeweise habe ich heute hie und da schon ein bißchen herum gekratzt mit dem Schleifpapier. Den einen und den anderen Lack getestet. Möglicherweise wird Weiß die Trummhaftigkeit noch unterstreichen. Möglicherweise wird sie dadurch auf absurde Art scheußlich.
Macht nix.
Wir lassen es darauf ankommen. Sie und ich.

Ich bin erfüllt davon, mein Eigenes wieder zu finden. Meine eigenen Entscheidungen zu treffen. Bin aufgewacht aus einer Art Apathie. Schaffe so viel derzeit.
Denke natürlich mit für das herrliche Kind, nicht nur an mich alleine, denke mit, aber eben auf meine Art.
Und das Kind lässt mich. Abschleifen. Mit dem Lack herum patzen. Abmessen. Skizzieren. Spielt neben mir. Seit ein paar Tagen spürbar selbstständiger.
Im Nebenraum werkelt der herzvolle Vater. Es ist irgendwie richtig. Wir sind gelöst.
In diesen Tagen.
Irgendwie ist es gut.

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