Day by day

Day by day, sagt meine warmherzige Freundin aus Kansas. Die Kluge, Krisenerprobte. Daran denke ich, gestern Nacht. Und versuche das Befremden und das Nichtverstehen stehen zu lassen. Erstmal. In mir.
Bis morgen. Und frage mich nicht weiter, was nun geredet wird. Über uns.
Über mich. Lasse es stehen.

Und morgens versuche ich, mich nicht daran zu stoßen.
Seitlich daran vorbei gehen.
Es nicht dem herzvollen Vater hinterher schmeißen. Zu unverstanden ist es. Erstmal Kaffee kochen.
Es gibt Palatschinken mit Banane. Es ist ja Samstag. Dann will das herrliche Kind mitpritscheln als ich dusche und wir baden gemeinsam. Hören Radio.
Es ist gut. Dieser Morgen ist gut.
Und dann. Geht es weiter.

Der herzvolle Vater nimmt das herrliche Kind mit zum Baumarkt, zum Elektrofachmarkt, zum Eis essen. Der Abschied klappt beinahe nicht, das Kind will nicht von meinem Arm. Der Vater sagt, "Es gibt ein Flaschi auf dem Fahrrad." Das Kind will. Sie fahren los. Und ich habe einen Samstag Vormittag, nur mit mir.
Fahre zum Flohmarkt. Auf dem Elektroroller. Die Sonne scheint, heiß wird es. Das Licht ist golden. Die Luft ist klar, nachts hat es geregnet. Altweibersommer. Meine liebste Jahreszeit auf der Welt.
Ich brause dahin auf dem albernen Elektroroller, es erinnert mich an etwas aus meiner Kindheit. Ein Gefühl von Sorglosigkeit und Leichtigkeit. Ich bin so froh. Ich könnte Juhuu schreien. Ich leuchte nach innen, da hab ich es nötig.
Auf dem Flohmarkt stöbere ich die Bücherkisten durch, suche Teller aus. Für unser Leben ab Oktober. Ich kaufe immer 2 gleiche, mit Goldrand, mit Blümchen, mit Zierrand. Alte Teller. Bunt durcheinander. Jeden einzelnen mag ich. Ein Zierteller, schrecklich kitschig, abgebildet Berchtesgaden - und Salzburg. Ich nehme ihn mit. Warum auch nicht. Ich darf das. Ich bin so froh. Die Händler sind lustig, wickeln die Teller ein, schenken mir etwas obendrauf. Sagen freundliche Dinge. Obendrauf, ein geblümtes Schälchen, eine merkwürdige Tragetasche. Heute. Einfach so. Einer sagt, "weil Sie ein netter Mensch sind". Ich bin schüchtern vor Freude.
Merke mir das ganz genau.
So gut kann es mir gehen. So leicht.
Ich wühle lange in einer Kiste mit Dinosauriern. Entscheide dann. Heute bringe ich dem Kind eine frohe Mama mit.
Schlendere.
Bekomme eine Nachricht vom herzvollen Vater, das Kind lacht im Fahrradsitz.

Ich bin ganz bei mir.
Stelle mich an, für noch einen Kaffee. Werde angesprochen, dass ich ja sehr erfolgreich war, hier. Die merkwürdige Tüte ist vollgestopft. Er sagt, ich meine eigentlich, weil du so strahlst.
Ich denke. Ja. Das tue ich. Zu Recht.
Seit Mai zum ersten Mal bin ich hier nur mit mir. Ohne Patienten, ohne mein herrliches Kind. Und es ist Altweibersommer. Und hier bin ich, mit mir alleine und meinen geblümten, goldberandeten, zierbeborteten Tellern. Ich habe zwar keine Hand frei, aber den Kopf und das Herz und den Brustkorb.

Zuhause mache ich, ganz schnell, die Wäsche und räume die Küche auf, höre sie ankommen. Warte im Treppenhaus und das herrliche Kind ruft Mami. So nennt er mich nur bei allerbester Laune. Ruft "Papa guck, Mami da".
Der herzvolle Vater ist aufgekratzt. Erzählt. Alles hätten sie erledigt. So viel gesehen. Das Kind ist übermütig. Ich sage, ich bin auch froh.
Nehme das Kind auf den Arm, Mittagsschlaf Zeit. Es sagt, Papa Bussi. Und der herzvolle Vater antwortet, das machen wir jetzt jeden Samstag, mein Schatz.

Day by day. Ich merke mir auch das. Ganz genau. Nichts schmeißen.
Lieber seitlich daran vorbei erstmal. Dem nächsten Tag die Chance geben.
Behutsam bleiben.
Und so vielleicht, wie heute, die korrigiernde Erfahrung machen. Wir alle.

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