In einer der letzten Nächte

In einer der letzten Nächte hat mir das herrliche Kind im Schlaf den Schnuller ins Gesicht gedonnert und ich habe jetzt ein Cut unter dem rechten Auge, ein Veilchen.
Abgesehen davon sind die Nächte derzeit ruhiger. Er schläft nun häufig bis 4 Uhr morgens und dann nochmal bis 7 Uhr.
Ohne selbst aufzuwachen weckt er mich mit Unruhe und Gebrummel ein Mal schon vorher, weil die Windel so voll ist. Dann wickel ich ihn mit Ninjatechnik im Dunklen, ohne ihn zu wecken.
Seit 2 Jahren und 2 Monaten schlafe ich nicht durch. Keine Nacht.
Zwei Mal geweckt werden ist eine gute Nacht.
Ich weiß, ungewöhnlich ist das nicht. Das geht vielen Müttern so.
Erzähle ich das meiner besten Arbeitsehefrau, sagt sie, unvorstellbar.
Ich denke darüber nach, wie sehr mich diese Nächte verändert haben. Ich glaube, dieser ausgedehnte, tiefgehende Schlafmangel hat alles an mir verändert. Von der Beschaffenheit meiner Haut, meiner psychischen Verfassung bis hin zur Epigenetik.

Meine wildesten Autonomie Phantasien kreisen ums Schlafen.
Und ums Alleine-Sein.
Tatsächlich ist auch 2 Jahre und 2 Monate nach der Entbindung abends ausgehen ein absurder Gedanke. Das interessiert mich nicht.
Ich bin, sobald er eingeschlafen ist, mit Begeisterung im Pyjama und alleine und nicht salonfähig und alleine und mache irgendetwas unbeobachtet, alleine und für mich. Netflix am Handy gucken. Online Artikel lesen. Schreiben. Podcast hören. Essen. Hauptsache ist, dass ich dabei für mich bin.
Weil.
Ich vermisse nichts mehr, als das Alleine-Sein. Und das Schlafen.
Die Abwesenheit anderer Menschen mit ihren Körpern und Blicken und Geräuschen, mit ihren Erwartungen, Ansprüchen und Bedürfnissen, das macht mich froh.
Durchschlafen. Muss ich erst wieder lernen. Selbst wenn das Kind schläft, bin ich wach. Mindestens zwei Mal pro Nacht. Ausschlafen bedeutet, erst um halb 8 aus dem Bett zu müssen.
Das ist eine mittelschwere Schlafstörung, die mit dem Kind ein Teil meines Lebens geworden ist.
Wie bei vielen anderen Mamas, die ich kenne. Papas sind davon weniger betroffen. Kaum betroffen.

Genau so wenig wie frau einen freien Tag nehmen kann, wenn sie ihre Tage hat, wird diese Kind-bedingte Schlafstörung in irgendeiner Weise im Job oder sonstwo berücksichtigt. Es ist eben so.
Ich glaube, das sind die beiden größten alltäglichen Ungerechtigkeiten zwischen Männern und Frauen, mit denen ich persönlich bisher konfrontiert wurde.

Es ist für Frauen normal, tagelang zu bluten mit allen Gefühlsschwankungen, Blutdruckschwankungen, Verdauungsstörungen und Schmerzen, die damit einhergehen.
Und es ist für Mütter normal, jahrelang nicht genug zu schlafen. Und jeden Monat einige Tage beides in Kombination.
Normal. Weiter funktionieren bitte.
Kein Mann kann sich das auch nur im Ansatz vorstellen. Will auch kein Mann. Sich das vorstellen.
Die einzige Reaktion ist Augen-verdrehen und Sprüche.
Oder Ekel. Nicht das Wort sagen. Menstruation. Iiih. Wie unappetitlich.
Jeden Monat macht mich das wütender.
Liegt wahrscheinlich am kumulierenden Schlafmangel.
Aber. Ernsthaft.
Das ist ungerecht.
Alleine dadurch gibt es keine echte Gerechtigkeit zwischen Männern und Frauen.


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