Gewitterstimmung

Gewitterstimmung. Es ist sehr heiß, die Sonne sticht. Die Wetterapp sagt, Gewitter in 4 Stunden.
Das herrliche Kind gewittert seit heute morgen 8 Uhr. Ein Trotzanfall alle 4 Minuten. Er schreit vor Zorn, heult, bockt. Laut ist er. Es ist durchdringend, unangenehm. Ich wäre gerne woanders, ohne ihn. Versuche etwas zu finden, das ihn ablenkt, ihn freut. Es klappt nicht. Die Sonne knallt.
Die Matschkiste könnte klappen.
Die Matschkiste liegt allerdings in der prallen Sonne.
Also Hut aufsetzen. Zumindest das. Genau das verweigert er.
Irgendwann verliere ich die Geduld, ich packe ihn grob, zerre ihn aus dem Matsch. Ohne Sonnenhut darf er nur im Schatten spielen. Er schlägt nach meinem Gesicht, ich explodiere innerlich und schlage ihm die flache Hand auf den Po. Das wollte ich natürlich nicht.
Er heult und legt sich auf den Boden.
Ich sitze einen Meter vor ihm in der Wiese, habe das Gefühl, alle gucken uns an. Kaum ein Kind hat einen Hut auf. Habe das Gefühl, die anderen Eltern finden ich übertreibe. Fühle mich insuffizient, gleichzeitig überprotektiv. Gestern war er so anhänglich, heute ist er so trotzig. Kann er nicht einfach einmal. Ganz normal.
Spielen. Irgendwo.
Für sich sein.
Mich in Ruhe lassen. Mich nicht diesen Blicken aussetzen.
Ich hätte lieber kein Kind in solchen Momenten.
Hinter mir tobt das Kind.
Ich bleibe sitzen. Was soll ich auch tun. Kann nichts tun.
Kurz darauf verkriecht er sich in meinem Arm. Ich streichel seinen kleinen Rücken.
Mein herrliches Kind. Du bist es gar nicht, nicht Du bist heute anstrengend. Zumindest nicht nur Du. Ich bin es auch.
Heute fühle ich mich bewertet, beobachtet.
Bleibe der Truppe lieber fern.
Habe ich komische Hormone heute?
Ist es, weil mein Kind heute so trotzt?
Ist es das Gewitter?
Ich kann an den Gesprächen so schwer teilhaben heute.
Habe keine Worte. Keine Meinung.
Ich bin damit beschäftigt. Womit eigentlich. Mit dem herrlichen Kind. Mit mir. Damit, dass ich keine Kapazitäten habe. Spielraum Null.
Ich liege auf dem Bett, während mein herrliches Kind seinen Mittagsschlaf macht. Alleine sein will ich heute. Einmal nicht angeguckt werden.

Wir schlafen 3 Stunden zu Mittag. Erschöpft. Kein Gewitter in Sicht.
Ich könnte einfach weiter schlafen.
Ist es die Hitze? Die Bergluft?
Ich bin bodenlos müde.
Das herrliche Kind bleibt schwierig, "Mama kumm", Tränen, Wut.
Kein Gewitter.
Dann setzt sich die Godi zu mir. Das Kind in der Sandkiste, ich auf meinem Posten in seiner Nähe. Der Rest der Familie am Grillen, lesend unter einem Baum, eben woanders als ich.
Wir reden. Sie hört zu. Bei ihr war eigentlich alles ganz anders, mit ihren Kindern, in ihrer Ehe. Aber sie hört zu bis sie verstanden hat.
Sagt, vielleicht könnten wir. Den Klammergriff lockern. Hier. Gemeinsam.
Sagt nicht, du musst einfach nur.
Sie bleibt bei mir. Ich bleibe sitzen. Versuche, das herrliche Kind aus unserem heutigen Teufelskreis zu entlassen.
Bin dabei nicht alleine.
Wir schaffen ein bißchen Luft und vor allem ganz viel Zuzweit für mich. Das hilft.
Trinken lauwarmen Sekt. Auch das hilft.

Wenn ich nicht weiß, wie das geht, das Mama-Sein, das Sicherheit-geben, das Ich-bleiben im Da-sein, dann brauche ich eigentlich niemals einen Satz, der beginnt mit "du musst einfach nur mal...".
Was ich brauche, ist jemanden der bei mir sitzt, mit mir ausprobiert, aushält, mich ermutigt, es mit erlebt.
So wie heute. Die schöne Godi.



Beliebte Posts aus diesem Blog

Klar kommen

In der Liebe bleiben

Das Leben einer Königin