Das Leben gabelt sich auf

Das Leben gabelt sich auf, wenn man ein Kind bekommt und man geht den einen Weg und den anderen nicht.
Und viele Menschen, Bekannte und sogar gute Freunde, gehen den anderen Weg. Und sind woanders.
Erklären kann man nicht, wie sich das Leben anfühlt mit Kind - jemand der keines hat, bleibt woanders.
Meine Abzweigung in diese Mama Sache war das Eine, zum Anderen bin ich dann ja zügig in meine eigene Antarktis geraten. Stundenlang. Manchmal Tagelang.
Jedes Mal, wenn ich zurück gefunden habe, war die Truppe kleiner, in dieser Zeit war ich keine gute Freundin, noch immer habe ich kaum Kapazitäten. Viele Menschen sind nicht geblieben. Aber einige doch.

Eine davon, eine meiner liebsten Freundinnen, war immer da. Einfach da. Egal wie lange ich unter dem Radar gelaufen bin. Egal, wie oft es nicht geklappt hat, uns zu sehen.
Meine felsensichere, lebenskluge, fein gewobene Mama-Komplizin. Sie ist auch Ärztin, aber eine richtige, Chirurgin. Hat 2 Kinder und eines davon ist dem herrlichen Kind so ähnlich.
Wir beide in jahrelanger Schlafdeprivation bis an den Rand des Wahnsinns. Der Spagat zwischen Ärztin sein und Mama sein. Zwischen arbeiten-wollen und nicht-(so-viel-)arbeiten-können, weil das Kind krank, das Kind anhänglich, das Kind plötzlich so viel wichtiger als alles andere. Der Umstand, die Kinder nur in absoluter Sicherheit und Geborgenheit von anderen betreuen lassen zu können. Weil unsere Kinder so schüchtern, so nahe an uns, so zurückhaltend mit anderen sind, dass ein Abgeben sehr lange gar nicht denkbar war. Nur die Mama.
Die vielen Versuche, wieder zu sich selbst zu finden.
Viel und gleichzeitig wenig hilfreich kommentiert von außen. Wenig Verständnis. Kinder, die nicht schlafen; Kinder, die nicht mit 1,5 Jahren offen, flexibel, teamfähig sind, sind Anlass für viele Ratschläge. Die meisten davon sinnfrei bis herzlos.
Was sie mir beigebracht hat ist, dass das auszuhalten ist, ausgehalten werden muss. Das Kind gehalten. Die Situation durchgehalten. Bis es vorbei ist. Basta.

Sie ist mir immer ein bisschen voraus, macht mir ihre Umwege durchs Mama-Sein-Unterholz vor und weiß so ganz genau, wovon ich spreche. Und nie ein Urteil. Nie eine Bewertung. Komplizin eben. Und saulustig dazu.
Wir könnten uns gegenseitig die Sätze beenden. Weil, the struggle is real.
Egal wie verzweifelt ich am Telefon bin und wie müde und durch; ich muss lachen und mein Fell glättet sich, wenn sie mir antwortet. Immer ermutigt sie mich, meine eigenen Entscheidungen zu treffen, auf mein Bauchgefühl zu hören. Und wenn ich sie etwas frage, ist die Antwort ehrlich. Kein Gerede. Kein Drumrum. Keine Verklärung. Sie hat mir gesagt, als einzige genau so gesagt, dass ich wohl mit mindestens 2 Jahren Schlafentzug rechnen muss, bis das klappt, das Durchschlafen. Bei manchen Kindern ist das so. Punkt. Damals war das herrliche Kind 5 Monate alt und ich habe geheult, weil ich dachte, das überlebe ich nicht. Sie hat Recht. 2 Jahre, 1 Monat, keine Nacht durchgeschlafen. (Aber besser geworden ist es. Zweitbeste Nächte, damit kann ich leben.)

Einmal hatte mein herrliche Kind ganz schlimm Verstopfung, da war es noch sehr klein. Sie hat mir Zäpfchen empfohlen. Ich habe also dem Kind, meinem Baby aus Marzipan, erstmalig ein Zäpfchen verabreicht, schrecklich nervös, so ein Eingriff. Das Ergebnis war Stuhlgang in rauhen Mengen. Ich habe ihr ein Foto davon geschickt, glücklich und erleichtert und sie hat sich mit mir gefreut. Über ein Foto von einem Haufen Babykacke.
Das ist echte Mama-Komplizinnen Liebe.

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