Wir suchen eine Wohnung

Wir suchen eine Wohnung. Jeder eine eigene, der vollherzige Vater und ich. Ich, das sind das herrliche Kind und ich. Wo die Katzen leben werden, wissen wir noch nicht. Alle wollen wir nahe beieinander wohnen. Quasi um die Ecke, Familie eben.
Mein 28. Umzug in 36 Jahren.
Zirkuskind.
Nomadin.
Auf der Suche nach Zuhause. Nach meinem Platz. Und so bin ich umgezogen und habe probegesessen, es dort versucht, woanders probiert. Manchmal nur Vorübergehend mit Ansage. Aber immer wieder voller Hoffnung. Immer wieder habe ich gedacht, jetzt komme ich an, jetzt stimmen die Quadratmeter, die Lage, die Raumaufteilung. Was ich lange nicht verstanden habe ist, dass es darum nicht geht.
Ankommen. Irgendwo. Ist nicht außen. Ich brauche einen Ort, natürlich; meinen Boden unter den Füßen brauche ich und den Raum drumherum. Weil es um den Raum drumherum geht, den ich mir aneignen muss und mich wiedererkennen in meinem Leben. Dann bin ich Zuhause. Mein Lehranalytiker würde sagen, ja sicherlich. Jahre hat es gedauert, das zu begreifen. Nicht einfach nur die passende Wohnung; auch nicht einfach der passende Partner; mich muss ich einbringen. Das bedeutet auch, mich zu zumuten. Mich mir und den anderen zu zumuten, zu zeigen wer ich bin. Umgesetzt habe ich es noch nie. Nie ganz. Ich habe mich angepasst, eingefügt, orientiert. Bis mir alles so fremd war, bis ich so fremd war, dass ich einfach gehen konnte und wollte.

Dieses Mal war es anders. Auch anders. Dass ich so verloren war, hatte viele und andere Gründe.
Die Aufgabe bleibt gleich, wenn es ein Zuhause werden soll.
Was möchte ich? Was soll ich? Was darf ich (nicht)? Der Lehranalytiker sagt, das muss ich für mich klären. Eine schöne Aufgabe eigentlich. Nach den letzten beiden Jahren des innerlich total Abgeräumt-Sein auch leichter zu beantworten. Wenn alles weg ist, ist auch die Ablenkung und das Nebengeräusch weg.
Ich möchte arbeiten, aber nicht mehr so viel, so konsumierend, so ausufernd.
Ich möchte mit dem herrlichen Kind sein, in seinem Jetzt.
Ich möchte meine Gedanken zu Ende denken, lesen, schreiben.
Ich möchte wenig Zauber, wenig Heckmeck, wenige Menschen, wenig Event.
Ich will Verbindung. Jetzt, wo ich das Nahe habe.
Ich bin ein Tiefwurzler, kein Breitwurzler.

Ich warte auf Zu- oder Absage bezüglich einer Wohnung, die ich von meiner Kollegin übernehmen könnte. Diese Wohnung wünsche ich mir so sehr, im Kopf habe ich sie schon eingerichtet. Die Lage wäre gut, zwischen Kita und Klinik, im Hinterhof. Die Größe optimal. Bezahlbar. Ein Hinterhof-Hexenhaus, krumm und schief, ein rauschender Baum vor dem Balkon, ein Holzofen im Wohnzimmer, ein Wasserfleck an der Decke. Ein guter Ort. Auch, weil ich diese Wohnung von meiner Kollegin übernehmen würde, meiner Freundin, die sie geworden ist. Wir sind jeden Tag zusammen in der Ambulanz. Jeden Tag. Wir kennen uns erst seit 10 Monaten, dafür jeden Tag. Mit keinem anderen Erwachsenen verbringe ich aktuell so kontinuierlich so viel Zeit. Unaufgeregte Zeit, Ambulanz Alltag, mal müde, mal mit Brille, unterschiedlich motiviert. Mit unseren Befindlichkeiten. Mit unseren Sorgen. Mit dem Mensa-Mittagessen. Mit unseren ganz persönlichen Kämpfen. Mit den Performance Schwankungen der Klinik Computer. Diese Mischung aus Alltag und Vertrautheit macht es aus. Wo sie ist, ist derzeit mein Platz. Im Büro nebenan. Im täglichen Zusammen-sein. Meine Arbeitsehefrau. Und hoffentlich, hoffentlich meine Vormieterin, die das Nest gewärmt hat.

Ich stehe auf der Liste, warte auf eine Zu- oder Absage.
Es zehrt an den Nerven. Schwebezustand. Wo werden wir sein? Wie werden wir leben?

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