Pilot

Heute vor 2 Jahren ist das herrliche Kind geboren.
2 Jahre, in denen fast alles anders geworden ist. Eigentlich waren es 3 Jahre, in denen fast alles anders geworden ist. So viel ist passiert, gleichzeitig, auf einmal. Nebeneinander her ist es passiert. Übereinander. Eins auf dem Anderen ist passiert.
Vor genau 3 Jahren habe ich ihn getroffen, den herzvollen Räuberhäuptling, den Vater vom Kind. Meinen Ehemann. Meinen Noch-Ehemann. Meinen Nicht-Mehr-Mann.

Und ich war mehr als bereit für eine Veränderung damals. Ich wollte alles ändern, weil es zu beliebig geworden war, zu einfach zu bespielen, zu weit weg von mir. Zu unverbindlich.
Ich wollte eine Chance ergreifen. Mich hinein werfen. Alles geben. Nicht, weil es dran gewesen wäre, weil es sich ergeben hätte, weil es sein müsste, sondern nur deshalb weil ich wollte und konnte. Und 4 Monate später war ich verheiratet und außerdem schwanger.

Und jetzt, 3 Jahre später habe ich Muskelkater. Ich bin müde. Ziemlich pleite. Knitterfalten im Gesicht, auch ein paar im Dekolleté.
Ich sitze im Bett neben dem schlafenden herrlichen Kind und sage mir, dass ich bereit bin hin zu sehen. Für Übersichtlichkeit zu sorgen. Alle diese losen Enden meiner blassrosa bis dunkelroten Fäden vor mir. Die Fäden. Müssen nicht gefunden werden. Alle sind sie da, sind diese vielen einzelnen Unbedingtheiten, jeder für sich ein Nicht-Anders-Können, alle diese Fäden mussten sein, irgendwie; und hier sitze ich nun und möchte entwirren, die Knoten lösen, sortieren. Dabei denke ich an den grünen Zweig, der gefunden werden will und ich stelle mir vor, wie ich alle meine Fäden gut sichtbar festknüpfe am grünen Zweig. Im Verlauf. 
Anbinden. So wie ich nun verbunden bin. Fest verbunden mit dem herrlichen Kind. Verbindlichkeit, Nähe, Bindung ist entstanden in den letzten Jahren. Das Kind hat mir den Abstand genommen. 
Und aus dieser Nähe widme ich mich nun den Fäden. Hier. 

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