Diese Woche bin ich zuständig
Diese Woche bin ich zuständig für alle Abläufe. Der Vater hat Ausbildungsverpflichtungen von morgens früh bis abends spät, das Herz voller Kind, der Terminkalender noch voller und es geht um den Abschluss, der endlich, endlich ansteht. Also das herrliche Kind und ich. Und die Klinik, der Haushalt, die Katzen. Die Lebenserhaltung. Freundschaften. Familie. Es klappt gut. Es geht sich natürlich zeitlich alles gar nicht aus, alles unterzubringen geht nie. Daran habe ich mich irgendwie gewöhnt. Es ist mein Jahr der permanenten Unterdurchschnittlichkeit. Jeden Tag kollidiert knirschend das, was sein muss: Klinik, Kind und Lebenserhaltung. Ich komme immer zu spät, jeden Weg laufe ich. Was nicht sein muss, findet in aller Stille nicht statt. Freunde und Familie, das ist ein Luxus für das Wochenende, oder das nächste Wochenende. Der Einfachheit halber habe ich mich und meine Bedürfnisse dieses Jahr auf eine Tasse Kaffee morgens und eine Stunde abends zum Lesen oder Schreiben reduziert, außer ich schlafe mit dem herrlichen Kind ein. Ich weiß, dass ich früher regelmäßig Sport gemacht habe, 2 Bücher parallel gelesen habe, ausgegangen bin, mich schick gemacht habe und gegebenenfalls noch einmal umgezogen, ich habe länger gearbeitet, Netflix, die Zeitung, ... ich erinnere mich nicht genau. Nur in Bruchstücken. Viel Ich nur um mich herum. Trotzdem war mein Grundgefühl, gar keine Zeit zu haben, am wenigsten für mich. Und jetzt, in dieser Woche der alleinigen Zuständigkeit, klappt es gut. Abzüglich der Unterdurchschnittlichkeit - ich schaffe das Arbeitspensum nicht, der Wäschekorb ist voll, wir essen abwechselnd Milchreis und Kartoffelbrei, weil ich das am Wochenende vorgekocht und eingefroren habe. Aber. Es klappt gut. Keine Tränen beim Abschied in der Kita. Sommernachmittage zusammen draußen. Zusammen Bücher durchgucken vor dem Einschlafen. Viele viele Küsse für das herrliche Kind. Und wenn es eingeschlafen ist, so wie jetzt, höre ich das kleine Schnauben und bin froh. Erschöpft und froh. Wie es zustande kommt, das Gefühl, dass heute alles gut war - ich weiß es nicht sicher. Es hat nicht nur mit der Liebe zu tun, der superstarken Liebe für mein herrliches Kind, aber auch. Auch nicht nur mit dem Fokus auf das Wesentliche, aber auch. Es hat auch was mit dem Scheitern zu tun, mit dem "besser Scheitern". Scheitern üben und darin besser werden. An manchen Tagen sogar gut.