Das herrliche Kind hat sich im Bett verwurschtelt
1:26 Uhr.
Das herrliche Kind hat sich im Bett verwurschtelt, Kopf nach unten, Decke um den Bauch gedreht und ruft Nein. Und Mama. Entwurschteln muss man ihn vorsichtig, er möchte keine Berührung zu viel, wird er ganz wach, ist er sauer. Im Halbschlaf das Nachtflaschi, wenn nötig wickel ich ihn während er trinkt (je nachdem, wie viel Badewasser er vor dem Schlafengehen getrunken hat). Schaff ich im Dunklen, jeder Handgriff sitzt.
Meistens schlafe ich sofort weiter. Manchmal nicht. Dann. Bin ich wach.
Nächtliche Wachzeit ist immer ähnlich.
Nachts jemand sein. Nachts etwas zu tun haben. Oder eben nichts tun können. Nachts mit und um das Kind herum nichts tun können, aber es eben doch tun. So. Diese Nächte gehören zu meinem Leben seit das herrliche Kind zu meinem Leben gehört. Und sind so ganz anders als Nachtdienste in der Klinik, im Kittel, im Team, bei voller Beleuchtung und bimmelnden Telefonen, mit der Konsil-Liste. So nicht. Das eben nicht.
Nächtelang durch die dunkle Wohnung wandern, alleine, mit ihm auf dem Arm, im Wipp-Bounce-Schritt, summend. Dabei aus den Fenstern schauen, ob noch jemand da ist, auch wach ist da draußen. Ich war initial meistens sehr ängstlich, abwehrend, ein personifiziertes "bitte nein, bitte nicht", wenn klar war, er hat Fieber, er hat Bauch, er hat Entwicklungsschub oder war aus irgendwelchen geheimen Gründen in seinem Bettchen unglücklich.
Und dann, wenn wir gewandert sind, das herrliche Kind in meinem Arm oder im Tragetuch und ich, durch die Wohnung, auf den immer gleichen Wegen durch die Zimmer, im Dunklen, im Stillen, dann war es unwirklich. Hintergründig bedrohlich manchmal. Weltraumangst, sagt das Fräulein Ahorn. Vor allem Weltraum. Aus der Welt gefallen. Aus der Zeit. Ganz woanders als alle anderen und dabei alleine. Zu zweit alleine.
Und wipp, bounce, atmen, Schritt.
Wipp, bounce, atmen, Schritt.
Jedes Mal, wenn ich das herrliche Kind angeguckt habe, hat es nicht geschlafen in meinem Arm sondern mich aufmerksam und ernst angeguckt. Unverwandt hat es mich angeguckt. Als wären diese Nachtstunden die wirklich aufschlussreichen für ihn im Bezug auf mich. Als könnte er da sehen, wie ich wirklich bin. Und ich konnte es auch sehen, wie ich wirklich bin. Auf den Grund sehen. Ohne Nebengeräusche und Geschäftigkeiten. Ungewohnt war das. Unwirklich.
1:40 Uhr.
Wenn ich mir selbst auf den Grund gucke, dann am liebsten auf dem Bauch liegend, auf dem Holzsteg am Fuschlsee. Der Geruch von warmem Holz. Zwischen den Planken in den türkisgrünen See schauen, das Licht bricht sich, die Wellen klatschen an das Holz. Das Holz ist warm und trocken. Über mir ist genug vom Himmel da, der wölbt sich nach oben hier, aufgespannt über dem See und den Bergen und so ist genug Platz. Und der See. Liegt da. Seeblau. Seegrün. Wenn ich mit Anlauf über diesen Steg laufe und hineinspringe, ins Wasser, ist da so viel Wasser das mich trägt: seeblau, seegrün. So viel Raum. Für all die wilde Freude. Und so viel Platz für all die große Sehnsucht.
1:47 Uhr.
Ich lasse mich treiben. Und es trägt.
Das herrliche Kind hat sich im Bett verwurschtelt, Kopf nach unten, Decke um den Bauch gedreht und ruft Nein. Und Mama. Entwurschteln muss man ihn vorsichtig, er möchte keine Berührung zu viel, wird er ganz wach, ist er sauer. Im Halbschlaf das Nachtflaschi, wenn nötig wickel ich ihn während er trinkt (je nachdem, wie viel Badewasser er vor dem Schlafengehen getrunken hat). Schaff ich im Dunklen, jeder Handgriff sitzt.
Meistens schlafe ich sofort weiter. Manchmal nicht. Dann. Bin ich wach.
Nächtliche Wachzeit ist immer ähnlich.
Nachts jemand sein. Nachts etwas zu tun haben. Oder eben nichts tun können. Nachts mit und um das Kind herum nichts tun können, aber es eben doch tun. So. Diese Nächte gehören zu meinem Leben seit das herrliche Kind zu meinem Leben gehört. Und sind so ganz anders als Nachtdienste in der Klinik, im Kittel, im Team, bei voller Beleuchtung und bimmelnden Telefonen, mit der Konsil-Liste. So nicht. Das eben nicht.
Nächtelang durch die dunkle Wohnung wandern, alleine, mit ihm auf dem Arm, im Wipp-Bounce-Schritt, summend. Dabei aus den Fenstern schauen, ob noch jemand da ist, auch wach ist da draußen. Ich war initial meistens sehr ängstlich, abwehrend, ein personifiziertes "bitte nein, bitte nicht", wenn klar war, er hat Fieber, er hat Bauch, er hat Entwicklungsschub oder war aus irgendwelchen geheimen Gründen in seinem Bettchen unglücklich.
Und dann, wenn wir gewandert sind, das herrliche Kind in meinem Arm oder im Tragetuch und ich, durch die Wohnung, auf den immer gleichen Wegen durch die Zimmer, im Dunklen, im Stillen, dann war es unwirklich. Hintergründig bedrohlich manchmal. Weltraumangst, sagt das Fräulein Ahorn. Vor allem Weltraum. Aus der Welt gefallen. Aus der Zeit. Ganz woanders als alle anderen und dabei alleine. Zu zweit alleine.
Und wipp, bounce, atmen, Schritt.
Wipp, bounce, atmen, Schritt.
Jedes Mal, wenn ich das herrliche Kind angeguckt habe, hat es nicht geschlafen in meinem Arm sondern mich aufmerksam und ernst angeguckt. Unverwandt hat es mich angeguckt. Als wären diese Nachtstunden die wirklich aufschlussreichen für ihn im Bezug auf mich. Als könnte er da sehen, wie ich wirklich bin. Und ich konnte es auch sehen, wie ich wirklich bin. Auf den Grund sehen. Ohne Nebengeräusche und Geschäftigkeiten. Ungewohnt war das. Unwirklich.
1:40 Uhr.
Wenn ich mir selbst auf den Grund gucke, dann am liebsten auf dem Bauch liegend, auf dem Holzsteg am Fuschlsee. Der Geruch von warmem Holz. Zwischen den Planken in den türkisgrünen See schauen, das Licht bricht sich, die Wellen klatschen an das Holz. Das Holz ist warm und trocken. Über mir ist genug vom Himmel da, der wölbt sich nach oben hier, aufgespannt über dem See und den Bergen und so ist genug Platz. Und der See. Liegt da. Seeblau. Seegrün. Wenn ich mit Anlauf über diesen Steg laufe und hineinspringe, ins Wasser, ist da so viel Wasser das mich trägt: seeblau, seegrün. So viel Raum. Für all die wilde Freude. Und so viel Platz für all die große Sehnsucht.
1:47 Uhr.
Ich lasse mich treiben. Und es trägt.