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Es werden Posts vom August, 2020 angezeigt.

Altweibersommer

Altweibersommer. Der herrliche, affenheiße Hochsommer ist vorbei. Mein gutes Gefühl bezüglich der weit voraus geplanten Lernorganisation für die Facharzt Prüfung ist auch vorbei. Ich bin hinterher. Bin langsamer als gedacht. Bin abends müder als ich gehofft hatte. Insgesamt bin ich träge im Kopf und gleichzeitig leicht ablenkbar. Altweibersommer ist meine liebste Jahreszeit. Dieses Jahr ist es privat ruhig und golden und mild. Dafür bringt mich die Facharztprüfung an den Rand von.  Von allem. Der gesamten Machbarkeit. Innen und Außen. Zeitplan. Gehirnkapazität. Selbstwert. Belastbarkeit.  In 2 Wochen ist der zweite und letzte Termin bei der Ärztekammer, da muss dann alles korrekt sein und vollständig. Und dann. Muss das Gehirn tief durchatmen und alles aufnehmen, was bisher dran vorbei geströmt ist oder hindurch. Das Gehirn muss sich fokussieren. Muss geordnet und strukturiert Informationen speichern. Das tut es nicht so gerne. Es verliert sich lieber in Details oder in der Ferne. Es h

Einerseits und Andererseits

"Ich würde auch mitmachen", sagt C., "aber ich will dir nichts wegnehmen." - "Hä?", sage ich, "spinnst du? Ich habe dich so oft gefragt, ob du mitmachen willst. Du hast immer gesagt, dein Schwerpunkt liegt woanders. NATÜRLICH musst du mitmachen, ich will dich dabei haben!" Also machen wir es zusammen. Die Ambulanz für peripartale seelische Gesundheit. Und heute habe ich meine erste Patientin gesehen. Sie ist Anfang 40, arbeitet selbstständig in einem kreativen Beruf, ist eigentlich nicht mehr in der Beziehung mit dem Mann, der der Kindsvater ist. Sie ist in der 26. Woche schwanger. Mit einem gesunden Kind. Sie will nicht schwanger sein.   Ein Spätabort steht im Raum. Adoption steht im Raum. Aversion steht im Raum. Oder doch. Irgendwie behalten. Im Raum steht die Ambivalenz. Die Frau ist klein, sehr zierlich. Der Bauch ist kaum zu sehen. Sie sagt, sie wäre jahrelang schwer anorektisch, eigentlich immer untergewichtig und unweiblich gewesen. Sie st

Fokus

Ich habe die Verabredung abgesagt. Ich will mir nichts anziehen abends. Hören will ich auch nichts. Und essen will ich einfach ein Käsebrot. Im Bett. Ein klarer Fall von "ein Teil will und ein Teil will nicht". Der Kompromiss ist, abends für den Facharzt zu lernen. Das wollen beide Teile nicht, trauen sich aber nicht, es zu verweigern. Diese Woche sind die Abhängigkeitserkrankungen dran. Habe entschieden, bis zur Prüfung keinen Alkohol mehr zu trinken. Alkoholfreier Radler also. Es ist plötzlich Sommer. Heiß und hell. Ich sammel mich innerlich. Noch 15 Wochen. Fokus. Ich habe genug Kapazität, ich werde bereit sein.

Ausatmen

Ich träume wieder von Pater C. Eine Messe wird gelesen. In seiner Kirche. In unserer. Ich sitze an der Orgel. Die Messe ist nicht öffentlich. Ich gehöre im Grunde auch nicht hierher. Außerdem kann ich gar nicht Orgel spielen. Ich bin trotzdem da. Und weiß, dass Pater C. sich freut. Wir freuen uns zusammen darüber. Dass ich da bin. Trotzdem. Irgendwie bin ich sowieso immer und jedes Mal nur wegen ihm da. Wegen ihm. Ohne "nur". Im Traum gehe ich, als die Messe begonnen hat, nach hinten. In ein Zimmer hinten. Da ist mein Kleiderschrank. Ich muss mich Umziehen. Weil. Ich eine Verabredung zum Abendessen habe. Ich höre die Messe während ich vor dem Kleiderschrank stehe. Meine Schwester spielt Orgel. Sie springt ein. Im Traum versuche ich mich zwischen zwei Kleidern zu entscheiden. Weil. Ich eine Verabredung habe. Ich finde sie lächerlich. Gehe trotzdem. Auch in Wirklichkeit. Finde ich es lächerlich, dass ich mich verabredet habe. Werde trotzdem gehen. Meine Freundin A. sagt, ich ge

Impostor

Wir waren bei der Ärztekammer. C. und ich. Haben uns der Anmeldung zur Facharzt Prüfung gestellt. Beide haben wir jeweils 2 Ordner dabei, einen mit den Originalen und einen mit Kopien in zweifacher Ausführung. Alles, was wir jemals gelernt haben, alle Seminare, Fortbildungen, sämtliche Nachweise. In meinem Fall die ganze Arbeit der letzten fast 9 Jahre.  Die zuständige Sachbearbeiterin hat wilde Haare, eine Mähne, ursprünglich schwarz, mittlerweile grau durchzogen. Sie trägt eine Maske, so wie wir auch, sie zeigt uns ihr Gesicht nicht. Auch nicht zur Begrüßung. Sie lächelt nicht.  C. hat alles kompakt und übersichtlich zusammen. Alles aus einem Guss. Sie sitzt der Sachbearbeiterin mit einer Leichtigkeit gegenüber, freundlich und höflich, klar, souverän. Alles in Ordnung mit C.'s Anmeldung. Findet C. auch. Ich bin beeindruckt. Dann sitze ich der Sachbearbeiterin gegenüber und kann den Impuls nur schlecht unterdrücken, mich zu erklären. Von Anfang an. Alles zu erklären. Und mich zu e